W E I S T Ü M E R
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Unterwegs im Beitrittsgebiet (von A nach B)

 

Dieser Beitrag ist ziemlich privat, ich bin nicht sicher ob er Nützliches enthält. Mir jedoch kam der schöne Tage im Beitrittsgebiet nicht aus dem Sinn, und um eben den Sinn freizumachen dachte ich mir, es wird das Beste sein Etwas herauszuschreiben.

Wie anderswo bereits mitgeteilt ist mir Zwanghaftes nicht fremd. So erklärt es sich daß ich  ein Programm abarbeite das darin besteht Wasserwege der befahrbaren Art in der Umgebung von Berlin (näher und weiter) zu befahren, sie so mental zu vermessen  und sie mir auf diese Weise anzueignen. Ich stelle mir vor daß so ein gedachtes Netzwerk entsteht. Dieses Programm wickle ich ab mit Hilfe meines treuen Bootes (das ich 'Gummiboot' nennen wollte, was aber auf den Protest meiner Frau traf und ich deshalb den Namen 'Thorazin' wählte). Die Thorazin ist ein größeres aufblasbares 2-Sitzer-Kayak das ich gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln transportieren kann.

Die Elbe befahre ich in Stücken  – so zwischen 30 und 50 km. Nachdem ich 2013 die Etappe Grenze - Dresden abgewickelt hatte, wollte ich nun im Anschluß von Dresden nach Riesa paddeln.

In der Zwischenzeit bin ich ausgestattet mit der Bahncard25 und dem Berlin/Brandenburger Seniorenticket.

Am billigsten gelangt  man nach Dresden wenn man sehr früh (4:58) von Berlin Südkreuz startet. Der Zug hält erst wieder in Dresden HBF, ist immer  kaum beansprucht, oft hat man einen ganzen Waggon für sich. Aus technischen Gründen jedoch neigt diese Verbindung zu Verspätungen (was mir für mein berufliches Tun in Dresden häufig Schwierigkeiten macht).

Diesmal 15 min, das Bahnpersonal war guter Dinge, weil der Zug auf der Strecke bis Dresden Zeit aufholen kann.

Die Fahrgäste (meist Menschen aus fremden Länder die mit dem Zug nach Prag fahren möchten) sind verwirrt. So ist das immer.

Also, der Zug fährt los, verlangsamt unterwegs einigemale seine Fahrt, und kommt trotzdem fast pünktlich in Dresden an.

Fast.

Weil ich das Spiel schon kenne habe ich mir die 6 nächsten Anschlüsse für meine Weiterfahrt (Dresden Blasewitz – Elbe) herausgesucht. Nun, den ersten habe ich wegen der Verspätung knapp verpaßt.

Als ich aussteigen will, öffnen sich die Türen nicht. Der Lokführer schreitet mit dem Zugführer gutgelaunt am Zug entlang.

Dann klappt es doch. Türen gehen auf. Habe aber meinen nächsten Anschluß verpaßt.

Der übernächste fängt mit einer Busfahrt an. Ich suche den Haltepunkt, kann ihn nicht finden, es gibt keine Hinweise. Der nächste Anschluß weg.

Also weiter auf der Liste. Die erste Straßenbahn kommt pünktlich, das Umsteigen in die nächste gestaltet sich etwas rätselhaft, aber doch - es klappt.

Diese Bahn fährt einige Stationen, passiert die gläserne Manufaktur (wo für die Öffentlichkeit sichtbar der PHAETON hergestellt wird). An einer Kreuzung bleibt der Zug stehen. Es gibt eine Ansage: Unfall voraus, der Zug kann nicht weiterfahren, der Fahrer bittet die Mitfahrenden beim Ausstieg 1 auszusteigen. Es gibt kein Murren, die Passagiere verlassen geordnet den Zug, unter weiteren Ansagen wie man nun weiterkommen könne.

Die Gleichmut der Sachsen, die in locker geordneten Marschkolonnen in Richtung Elbe marschieren, beeindruckt mich.

Nun, ein halbe Stunde  flotten Gehens bringt mich zur Waldschlößchenbrücke, ich blase die Thorazin auf, und bin unterwegs, etwa eine Stunde später als geplant.

Es soll hier erwähnt werden, daß die Strecke wirklich angenehm zu paddeln ist, die elbe fließt flott, die Ufer rechts und links weisen Sehenswertes im Überfluß auf.

In Riesa lande ich an. Da ich die Örtlichkeit nicht kenne nehme ich die erste Gelegenheit. wahr, ein kleiner Hafen der Marinekameradschaft Riesa. Ich frage einen Herren der am Ufer sitzt und mit einem Kescher spielt um Erlaubnis, die wird ohne Zögern erteilt. Ich ziehe die Thorazin  die Schräge der Slipanlage hoch und beginne das Boot zusammenzulegen. Kleide mich um, packe die Paddelutensilien ein. Von hier aus, erfahre ich, braucht man zu Fuß eine halbe Stunde zum Bahnhof, reicht vollkommen aus um den Zug in Richtung Berlin zu erreichen.

Ein Herr der oberhalb der Stege auf einer Bank gesessen ist und die Bildzeitung studiert hat nähert sich, wir kommen ins Gespräch.

Er teilt mit, er sei Manager im Stahlwerk Riesa und würde mich in seinem SUV bis zum Bahnhof mitnehmen, der läge sowieso an seinem Weg, und wir, den Wasserläufen Verpflichtete, müßten zusammenhalten, er habe Spätschicht, was ihm nicht  gefiele. Der Weg zum Bahnhof ist ziemlich lang und labyrinthisch – was sich durch excessiven Einsatz von Einbahnstraßen erklärt – deshalb erfahre ich viel über Riesa. Tatsächlich, meine neuer Marinekamerad erweist sich trotz des SUVs (meine erste Fahrt in einem solchen Fahrzeug) als eine erfreuliche, gut informierte Person. 

Unvermutet werden durch diesen Transport die Verspätungen des Morgens wettgemacht, dazu kommt der Bonus eine angenehme Person kennengelernt, massig Informationen über Riesa gefaßt und als Dreingabe eine weitere gläserne Manufaktur (Nudeln!) gesehen zu haben.

Mehr geht nicht.

Ich gewinne so  eine meditative halbe Stunde auf dem Riesaer Bahnhof. Die Einheimischen fühlen sich beobachtet und beobachten zurück so entsteht ein wohliges Zusammensein.

Diese meditative Zeit auf diesem Bahnhof ist das Vorspiel zu einer ähnlichen Stunde auf dem Bahnhof von Elsterwerda, die ich in einem nicht klimatisierten Waggon verbringe.

Einfach ein perfekter Tag. 

Wieder zu Hause beginnt das unvermeidlich Recherchieren: Meine Frau verwechselt Riesa mit Ziesar und besteht darauf man müsse Riesa als Ri-e-sa aussprechen.

Ein Anruf bei der Stadtverwaltung klärt: die zuständige Dame meldet sich mit "Hier Stadtverwaltung Riesa...." Wie Riese, nur mit a.

Weitere Forschungen ergeben daß Riesa glänzt durch Cheer-leaden. Dazu findet sich etwas unter diesem Link:

Cheerleaden in Riesa

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