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Schnelle Entschlüsse - Aus der Welt des Gerüstbaus

 

Vom Gerüstbau spreche ich zu Beginn von weiterbildenden Maßnahmen die ich zu gestalten und verantworten habe gerne als dem zweitältesten Gewerbe, nämlich dem Vertikalen. Das macht auf die Teilnehmer solcher Maßnahmen großen Eindruck und erfüllt sie mit Stolz – warum auch immer. Der Gerüstbau als Landschaft betrachtet wird von bemerkenswerten Menschen bewohnt.

Greifen wir Bernd D. heraus. Genannt Bernie, meist gesprochen als Bööörnie (wenn man in seiner Abwesenheit über ihn sprach, was häufig geschah), ein Glatzkopf, Bodybilder mit einem Körper der Anabolikamißbrauch nicht direkt ausschloß, im Gesicht ein albernes dünnes Oberlippenbärtchen das sich direkt an die Koteletten anschloß.

Diese Haartracht sollte mit Sicherheit etwas vorstellen, blieb aber undeutbar. Sein wuchtiges Auftreten deutete wahrscheinlich Härte an. (die ja irgendwie mit Gerüstbau in Verbindung gebracht wird). Na ja.

Vorher, also vor seiner Anwesenheit im Gerüstbau, war er Binnenschiffer gewesen und seine Ehefrau nahm es – vielleicht deswegen – mit der ehelichen Treue nicht ganz genau. Bernie landete – sein Lebensschifflein immer noch im Ehehafen festgemacht - in der Kolonne des Richtmeisters (der legendäre Heiner). Dessen Politik war es in der Kolonne schlechte Stimmung zu verbreiten, da nach seiner Meinung und Erfahrung nur so die Mitglieder der Kolonne zu dauernden Höchstleistungen und damit zu besten Verdiensten veranlaßt werden konnten.

Diese Kolonne hatte zu der Zeit ein weiteres Mitglied namens Plaatsch. So wird es berichtet. Das Internet jedoch kennt keinen solchen Namen. Plaatsch hat später in Eigenregie einen Blumenladen betrieben und war bekennender und praktizierender Homosexueller.

Als Bernie wieder einmal sein Leid klagte (wegen seiner Ehe), nahm ihn Plaatsch auf die Seite legte väterlich (?) dem Arm um seine Schultern und sagte:

"Also, Börnie, wußtest du schon, also, was ich sagen will, wegen deiner Alten, das muß nicht sein, Männer sind nicht..., na ja, du weißt schon, Männer mit Männern..."

"Ach" sagte Bernie, "tatsächlich, ja, wenn das so ist!"

Er ging nach Hause, warf seine Ehefrau aus der Wohnung und war von da an homosexuell.

Der Bruder seines Partners – hier muß einmal der Familienname genannt werden, zum Ausgleich verschweige ich den Vornamen – J. Maniac (ja so hieß er tatsächlich) arbeitete ebenfalls in unserem Betrieb. Sah ziemlich südländisch aus, war nicht übertrieben hell dafür hochgradig nervös und war - das nur nebenbei - eine der bestversicherten Personen die ich je getroffen habe. Man hätte meinen können daß er sei auf das Versichertsein süchtig.

Einmal sprach er von dem heiklen Thema, nämlich wie er zu Bernie stand:

 

"Ja, weeßte, er... er... er geht mit meinem Bruder!"

 

Dieser Bruder war, wir haben es später erfahren, von Beruf Propagandist.

Ein Kollege Jürgen K., Kolonnenführer, aus dem Osten rübergemacht, eine unauffällige Seele von Mensch, ohne bemerkenswerte Eigenschaften, außer daß er sich, als es gerade eine sich verbreitende Unsitte war, einen Brillianten ins Ohrläppchen einpassen ließ, konnte eines Tages in unvermuteter Weise etwas zur Unterhaltung beitragen. Wir hatten nie gedacht daß er inszenatorische Fähigkeiten haben könnte, aber:

Er erzählte seine Frau habe es sich zur Aufgabe gemacht, den Maniacschen Propagandistenbruder zu beschleichen und ihn zu belauern wie er vor Kaufhäusern postiert versuchte Modeschmuck zu verkaufen. Der Frau K. schien es vor allem darauf anzukommen ihn in den Momenten wenn er nicht aktiv beim Verkaufen war – also gewissermaßen im Leerlauf - zu beschatten. Jürgen K. führte nun in kleinen Szenen vor was seine Frau ihm - den Propagandisten imitierend - vorgespielt hatte.

Dazu mußte etwas getänzelt und mit piepsiger Stimme gesagte werden:

 

"Ja will denn niemand meine Ware kaufen!"

 

Dies in verschiedenen Variationen und mit steigender Verzweiflung. Jürgen K. war so eine ganze Zeit lang der Star der langen Frühstücks- und Mittagspausen.

 

Zur Ergänzung: Bernie hat viel später anläßlich einer Ägyptenreise eine Frau kennengelernt die – ich habe Fotografien gesehen – einem Nußknacker (also nicht der Frau eines Nußknackers) wie aus dem Gesicht geschnitten aussah. Immer ein Mann schneller und unverrückbarer Entschlüsse trat Bernie nach Rückkunft auf den Propagandisten zu und teilte ihm mit, daß die Zeit seiner Orientierung hin zum gleichen Geschlecht beendet sei und daß er sich auf die Socken machen solle.

Darauf hat Bernie diese erwähnte Frau geheiratet und zum Altenpfleger umgeschult weil diese Frau eine gewerbliche Altenpflegerei besaß.

 

 

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