W E I S T Ü M E R
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W E I S T Ü M E R

DIE HÜTE (und andere Kleidungsstücke)

Nun: Es ist Nachmittag. So ungefähr in der Gegenwart, dabei ist es Ende Oktober. Das Jahr nennt man 2014. Ich liege auf ei­nem winkligen Ledersofa, (auf dem einen Winkel) meine Mutter auf dem anderen. Unsere Füße weisen zueinander. Sie lebt gerade in der Familie meiner Tochter.

Meine Mutter schläft, sie macht dabei ein verächtliches Gesicht. Was außerhalb des Schlafes nicht in das Repertoire ihrer Mienen gehört. Meine Mutter ist 87 Jahre alt, ich immerhin 65.

Ich mache mir Gedanken, um zu verhindern daß meine Denkprozesse allzu frei flottieren.

Es geht um Hüte. Hauptsächlich um Hüte. Dabei, wie kann es anders sein, laufen parallel auch Bär­te mit durch.

Ich verbrachte einige Tage in meiner Geburtsstadt Kulmbach um mich an der Pflege meiner Mutter zu beteiligen. Ich übernachtete in ihrem verwaisten Haus meiner Mutter. Es steht leer, es ist nicht geheizt und meine große Tochter hat mit sogenannten 'Foggern' radikal das Insektenleben in diesem Haus ausgerottet.

Die Katze lebt in der Zwischenzeit ebenfalls in der Wohnung von Sarah, was die verstörte Grundbe­findlichkeit des Tiers nicht ins Günstige gewendet hat.

Wir (Tochter und ich) haben es geschafft meinen Bruder zum Umzug in seine 1-Zimmerwohnung in der Nachbarstadt zu bewegen.

Mein Bruder hat es geschafft den (intrafamiliär) berühmten Roten Schrank (sieht wie ein wild ge­wordener Bauernschrank aus, feuerwehrrot lackiert) in einer komplizierten Aktion in diese 1-Zim­merwohnung transportieren lassen.

Bei der langwierigen Vorbereitung dieser Aktion stellte ich fest daß das fragliche Möbel mit Asbest­platten ausgeschlagen war.

Nachforschungen ergaben, daß er (der Schrank) früher als Kassenschrank bei einer Kulmbacher Brauerei diente.

Mein Bruder gehörte zur Spitzengruppe 2013 der Kunden des 2001-Versandes (war unter den ersten 10) und auf drei Etagen des Hauses finde ich Lagerstätten die damit zusammenhängen. Es ist wie eine Zeitreise, alles und noch mehr scheint da zu sein, sogar Videokassetten, und die komplette DVD-Ausgabe der Augsburger Puppenkiste.

Mir ist mürbe zu mute. Ich packe mich ins Ehebett meiner Eltern – auf die Seite meines Vaters, der schon seit 20 Jahren tot ist. Es ist kalt und still. Ich schlafe ein, wache nach einer Stunde wie­der auf und es ist immer noch kalt, schlafe wieder ein und als der Wecker klingelt ist mir warm und ich krauche aus dem Bett, in die Kälte der Wohnung, dann hinaus in die Kälte der Straße. Die ist leer und sinnlos still, so als sei alles längst vorbei und die Dinge stehen  weiter herum, weil sie es nicht besser wis­sen.

Mir wird mürber zu Mute. Mein Weg führt mich an der Mangersreuther Volksschule vorbei (erster Spatenstich 1951, zeitweilig die modernste Volksschule Bayerns). Dort hat sich mein Schicksal ent­schieden, vor langer Zeit, ich war 9 oder 10 und nahm an einem Test teil der die höhere Schulreife der Testanden nachweisen sollte.

Meine diesbezügliche Reife ist nachgewiesen worden, aber je älter ich werde desto fragwürdiger wird mir das. In den allfälligen ehelichen Auseinandersetzungen schiebe ich gerne meine Verfasst­heit (die häufig Thema dieser Auseinandersetzungen ist) auf meinen Besuch der höheren Schule und entwerfe ein Szenario in welchem ich diesen Besuch nicht durchführe, sondern die 8-klas­sige Volksschule durchlaufe, danach eine Lehre absolviere. Ich behaupte, ich würde eine Lehre als Wagner angestrebt haben (anderswo Stellmacher). Warum ich das behaupte gilt es noch zu ergrün­den.

Im Rahmen der Auseinandersetzung entwickle ich, daß wir uns nie getroffen hätten und so diese Auseinandersetzungen nicht stattfinden würden, und ich sei ja unschuldig, aber die Schulbildung, wo ich doch der unschuldige Knabe aus der Vorstadt gewesen sei, und Hochdeutsch in der höheren Schule als erste Fremdsprache lernen mußte...

Der Test ging so vor sich hin und auf Schluss zu wurde die Zeit ein wenig knapp. Die letzte Aufga­be bestand darin vorgebenen Strichanordnungen zu ergänzen, wahrscheinlich zu einem sinnvollen Ganzen.

Und dann, weil die Zeit abgelaufen war wurde uns erlassen zu den von uns hergestellten Bildern eine Erklärung dazuzuschreiben.

Das war – davon bin ich überzeugt - der Moment der alles entschieden hat.

Ich glaube nicht daß man mich zugelassen hätte, wenn ich das eine Bild hätte benennen dürfen.

Die Vorlage sah so aus:

und ich ergänzte sie so:


 


 


 


 

Klar, liegt ja nahe. Der unbefangene Beschauer wird sich nun fragen was die Hinzufügung am Fuß des Pilzes sein soll.

Ja, das ist so: ich hätte, wäre noch Zeit gewesen, voll überzeugt:

"Automatischer Rollpfiffer"

darunter geschrieben.

Tatsächlich, automatischer Rollpfiffer. Pfiffer steht im lokalen Dialekt für Pilz.

Aber frage ich mich heute, wozu muß ein Pilz rollen können und warum automatisch.

Nun, ich denke mir, dieses – mein - Leben wird nicht ausreichen um das zu ergründen.

Ist man sich selbst doch der gründlichste Abgrund den man sich vorstellen kann.

Es ist noch so früh am Morgen daß die Schule verwaist vor sich hin steht. Ein unbeleuchteter Weg führt mich weiter. Da ist das Haus in dem Lilo gelebt hat.

Lilo verdanke ich einiges: sie hielt sich - könnte 1969 oder 70 gewesen sein - in München auf und war dort ein Hippie. Sie sagte man habe in diesen Kreisen gerne, im Falle daß irgendetwas besonders schön gewesen sei, gesagt “It's beautiful!“ Seither weiß ich das es zu 'besonders schön' einer Superlativ gibt.

Lilo nahm auch einmal zusammen mit unserer kleinen linken Gruppe (USG → USSG) an einer Anti-NPD-Demonstration in Coburg teil. Wir wurden dort verhauen. Lilo wehrte sich gegen einen Ordner, wurde deswegen angeklagt: sie habe den Ordner Johann Mehlhorn in die Brust gebissen.

Meine Mutter – als ich ihr empört davon berichtete – sagte kühl Lilo hätte ja zuhause bleiben und Strümpfe stopfen können. Sie wirft mir immer noch vor daß ich auf ihre Bemerkung wütend reagiert habe.

Da – am Ende des dunklen Wegs – ein modern anmutendes Gebäude (Modern in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts). Ein Wohnhaus in dem damals (70er Jahre) Sonny lebte. Sonny gehörte zum Nachwuchs der lokalen Szene. Er galt als unermeßlich tief(sinnig) weil er gerne schwieg. Ausführlich schwieg. Nun, er wurde eines Tages Opfer einer älteren Frau (schade daß mir damals der Ausdruck 'cribrobber' noch nicht zur Verfügung stand). Sonny war unvermutet in einen Beziehungshafen abgeschleppt worden.

Diese Frau erklärte die Welt. Denn sie war mal mit Heine Schoof befreundet gewesen und wußte welch ein gefährliches Arschloch war der nun mittels eines Buches (veröffentlicht bei Suhrkamp) erklärte warum er in lockeren Faßbinderzusammenhängen einer Mitschauspielerin – die er nach eigener aussage nur halb so viel haßte wie den Rest – ein Messer 6 mal in den Bauchhatte stoßen müssen. Sei halt, sagte Sunnys Flamme, ein echtes beredtes Arschloch, sie habe als seine Freundin Glück gehabt: nur Haue und keinen Stahl abgefaßt.

Aber: ich schweife ab. Das alles ist lange her.

Ich liege auf der Couch, meine Mutter schläft immer noch. Die Angehörigen meiner Tochter sind unterwegs: mein Schwiegersohn läßt sich im Krankenhaus eine Kleinigkeit richten, Helena meine Enkelin, die gerade Führerschein und Abitur frisch erworben hat, leistet aus unerklärten Gründen ein soziales Jahr in einem Hospiz. Mein Enkel Leonard hat widerwillig die Oberstufe des Gymnasi­ums erreicht und hasst jede Sekunde davon. Er scheint auf der Ausfahrtspur der Pubertät  zu sein. Er ist mit dem Fahrrad unterwegs.

Er ist musikalisch, spielt in verschiedenen Kulmbacher Kapellen und besaß und benutzte als junger, präpubertärer Mensch, gegen meinen erklärten Willen, ein Hütchen.

Ich glaube  daß man eine solcher Kopfbedeckung 'Pork-Pie-Hat' nennt und sie ist irgendwie mit Jazz und Blues assoziiert. Denken wir – auch wenn es schwer fällt – Blues Brothers.

Das Hütchen war nicht verhandelbar.

In der Zwischenzeit hat er es überwunden und fühlt sich von Jazz gelangweilt.

Ich kann und will es nicht abstreiten: auch ich habe ein Hütchen getragen, als ich 14 oder 15 Jahre alt war und mit Kultur/Literatur liebäugelte. Vor meinem inneren Auge sehe ich eine Wellensittich­feder im Hutband.

Wie ich an das Hütchen gekommen bin weiß ich nicht mehr.

Eine Gedächtnislücke die mich bewegt. Bittet man die Eltern um eine Kopfbedeckung, oder wird man, ohne entsprechende Aufforderung, von diesen entsprechend ausgestattet. Nimmt der Vater den Sohn an die Hand und führt ihn stumm ins Hutgeschäft? Wenn ich das nur wüßte.

Kurz zuvor war ich neben Leonard im Flur der labyrinthischen Wohnung gestanden, mein Blick schweifte, schweifte an einer Garderobe hoch, traf auf eine Hutablage(!). Dort lag Leonards Hüt­chen.

"Ach!" sagte ich und deute darauf. "Na, ja..." sagte mein Enkel.

Mein immer noch schweifender Blick traf auf ein zweites Hütchen.

"Und was ist das?" wollte ich wissen.

Leonard zögerte.

"Ist doch deiner...." sagte er unsicher.

Nein ist nicht meiner. Sagte ich ihm entschieden. Na ja, das sei schon richtig, aber im Prinzip... sei es schon meiner, weil der doch dem Doktor Allin gehört habe.

Dr. Allin. Der hat mein Leben gerettet. Hat man mir erzählt.

Das war so. Als meine Mutter von mir entbunden werden sollte klappte das nicht so richtig. Meine Mutter wollte mich nicht hergeben, ich wollte nicht ins kalte Licht der Tage treten. Auch in dieser Hinsicht gibt es Klärungsbedarf.

Die Entbindung zog sich hin, Dr. Nickles entschloss sich zum Kaiserschnitt.

Die Klinge blinkt, ein Schnitt, ein zweiter Schnitt, ein entschlossener Griff und schon bin ich im Freien.

Ich sehe aus wie 'a obgezuunger Hoos' (gehäuteter Hase) sagt man mir später. Man berät was mit mir geschehen soll. Meine Mutter sagt (hab ich mir ausgedacht) "Na ja packen sie's mir ein, mal sehen!" Eigentlich bin ich eine Totgeburt.

Man bringt mich zu Dr. Allin. Der einzige Kinderarzt der Stadt, eine große ungefüge Figur mit unstillbarem Redefluss. Kein Einheimischer, aber Meister des intensiv glotzenden Blicks.

Er weiß was zu tun ist. Buttermilch, genau das, geben Sie ihm Buttermilch, sagt er und rollt bedeu­tungsschwer wenn auch ziellos die Augen.

Es ist Nachkriegszeit, Buttermilch ist nicht leicht aufzutreiben. Meine Eltern scheuen die Kosten nicht, trichtern mir Buttermilch ein, soviel sie auftreiben können.

Ein Vierteljahr später, als Dr. Allin mich wieder sieht, erschrickt er, weil ich zu einem veritablen Wonneproppen mutiert bin. Ende mit Buttermilch.

Ja das war 1949 und nun, 2014, liegt das Hütchen von Dr. Allin auf der Hutablage in der Wohnung meiner großen Tochter.

Ich frage weiter, Leonard wird unwillig und sagt ich müsse Mama (meine Tochter) fragen.

Meine Tochter ist ebenfalls unwillig als ich sie frage. Weil sie weiß daß ich mit Neigungen (uner­sättliche Neugierde und hochentwickelter Fantasie) versehen bin. Immerhin erfahre ich daß das Hüt­chen aus den Beständen meines ehemaligen Schwiegervaters – ihres Großvaters - stammt. Sie hat des­sen Nachlass – den obskuren Teil – an sich gebracht.

Auch jenen kleinen Druck, über den ich lange Zeit wohlig fantasiert habe. Der schmückt die Wand im Flur. Das Lebensmotto von Paul von Hindenburg, zwei Worte in wuchtiger Fraktur. Ich hatte es einmal gesehen, es hatte sich in mir festgesetzt.

Ich erinnerte es als

Ich zwings!

Tatsächlich steht da aber:

Ich will!

Soviel zu meiner Erinnerung.

Als meine schweifenden Gedanken  sich wieder einmal mit diesen Motto beschäftigen fällt mir ein, daß in meiner Kindheit die Frage "Zwingsts'?" Standard war. Be­sorgte Mütter erfragten so ob man den Teller, den man sich gut gefüllt hatte, auch wirklich leer essen würde.

Dr. Allin, ich denke das ehrt ihn, soll eine ähnliche Leidenschaft gehabt haben wie der Rat Pachin­ger oder auch der bekannte österreichische Schriftsteller Doderer (Heimito von): stattliche ältere Damen. So erzählte man sich das in Kulmbach.

Mir schon früh mitgeteilt von meiner Mutter, die nie versäumte mich auf die Dinge hinter den Dingen hinzuweisen.

Dr. Allin war in Personalunion der Freund meines ehemaligen Schwiegervaters und der Hausfreund der Familie. Wie sich so etwas eben arrangiert.

Meine ehemalige Schwiegermutter war eine Fremde in Kulmbach. E. (der ehem. Schwiegervater) hatte sie aus Zweibrücken geholt.

Mit einer 250er Zündapp (Motorrad).

Anläßlich meiner Hochzeit mit seiner Tochter erhielt ich ausgehändigt eine grüne Lederjacke und eine Motorradkombi (die mir in der Erinnerung als ein unklares Kleidungsstück erscheint, ich sehe sie mit Beinen die auf den Waden enden und überhaupt, zu welcher Gelegenheit hätte ich diesen Panzer tragen sollen?)

Versteht sich daß ich beide Kleidungsstücke nach der Scheidung wieder abgegeben mußte.

Also:

Ich liege da (auf dem Sofa)  in der Wohnung meiner Tochter, meine Mutter quer zu mir, es ist still, halt ein langsamer Nachmittag. Aber die Situation fühlt sich auch undeutlich großartig an.

Wie immer bin ich nicht sicher was wahr ist, was ich in die Welt gesetzt habe, was andere in die Welt gesetzt haben, aber es kommt nicht darauf an. Weil Welt erzählt werden will. Vielleicht sogar erzählt werden muß. In die Existenz erzählt werden muß.

Ich zähle die Jahre. Mein Großvater, ehemaliges Mitglied der KP und Kriegsteilnehmer in Straf­kompanien, hat er mir erzählt daß mein ehemaliger Schwiegervater  Mitglied der Kulmbacher SA gewesen ist, aber waren damals nicht alle Mitglieder der SA – auch mein Großvater väterlich­seits?

Die Erbstücke deuten darauf hin.

Ich erinnere mich: Meine ehem. Schwiegermutter stand für Zucht und Ordnung, sie sei, teilte sie mit, damals in jener großen Zeit Sekretärin von Todt (Leiter der Organisation Todt / Generalinspek-tor für das Straßenwesen ) gewesen. Sagte sie, sagte vielleicht auch nur, sie sei bei dieser Organisation tätig gewesen. Mitglied des Tippsenpools?

Weil wie bereits erwähnt Welt erzählt werden muß machte ich aus  Todt Heydrich. Das gab der Erzählung mehr Gewicht.

Einmal, den Grund erinnere ich nicht mehr, wühlten wir (ich und meine ehemalige Frau) in den schwiegermütterlichen Unterlagen. Es taucht auf ein guterhaltener Heftroman aus dem Pabelverlag. Kommissar X (deutscher Pulp seit 1959) dessen Titelbild, gemalt in der grellen Manier guter alter Filmplakate, eine weiße Frau zeigte, die mit gefesselten aber flehend erhobenen Armen im Sand saß, ihr beträchtlicher Busen schickte sich an die Bluse zu sprengen (drei Knöpfe, erinnere ich mich richtig, hatten bereits den Kampf verloren),  umstanden war die Blondine von einer Schar lüs­terner Afrofarbiger.

Mein lieber Herr Gesangverein, hätte ich damals denken können, verkniff mir das und zog es vor innerlich zu erblassen und ein wenig Schaden zu nehmen. Weil ich begriff daß die Welt in Richtung ihres Fundaments eine unermeßliche Tiefe aufweisen mußte.

In der Gegenwart liege ich immer noch auf dem Sofa, beobachte meine schlafende Mutter die im­mer noch ein verächtliches Gesicht zieht. Das gibt mir wieder zu denken,  jedoch bleibt es (dieses Denken) ergebnislos.

Also, denke ich deshalb, die 250er Zündapp. 400 Kilometer hin, 400 Kilometer her. Keine Auto­bahn.

Und dazu die Lederkombi. Und Oma O. (wie man sie heute intrafamiliär nennt) auf dem Sozius und der alte O. schneidig auf dem Fahrersitz, die 250er knattert zufrieden und Oma O. klammert sich schmiegend an Opa O.

Ein echtes Sahnestückchen, dachte sie sicher, denke ich mir. Braunhemd und die ehemalige Se­kretärin von Heydrich.

Oma O. war kultiviert, Kulmbach jedoch ist ein handfester Platz, wo das Unbehagen an der Kultur die Hand in die Nähe der Pistolentasche rückt. In Kulmbach sprach man grundsätzlich Dialekt, und Oma Os. Hochdeutsch mit Zweibrückener Färbung trug nicht zu ihrer Heimischwerdung in der al­ten Stadt am Main bei.

Immerhin, sie ist 93 Jahre alt geworden und glaubte immer an die lichten Höhen, die es geben mußte, ge­sellschaftlich gesehen.

Ja, der Hut. Eine Reliquie aus dem Besitz des Großvaters, eine Kopfbedeckung, undeutlich deutet sich eine Geschichte an, aber diese Geschichte ist vor langer Zeit geschehen, fragt sich nur was das Hütchen auf der Hutablage in der Wohnung meiner Tochter sucht. Isst es sein historisches Gnaden­brot?

Schließen sich Kreise? Darf ich meinen Gedanken, wie sie aus der Tiefe auf die Bühne steigen, ihre Auftritte gewähren? Was geht dort unten – in der Tiefe – vor und verbergen sich unter der Tiefe beliebig viele weitere Tiefen?

Ich wende ich mich ab und denke an Bob Dylan, weil der einer ist, der immer Material zum Den­ken her gibt. Material was eigentlich harmlos ist. Wo ich mal jung war hat mir sein Schaffen viel be­deutet.

Auf seinem ersten Tonträger  trägt er ein Ballonmützchen. Ein Druckknopf ermöglicht es den Schirm an den Ballon zu befestigen. Sicher will er damit sagen daß er ein Hobo ist und die aktuelle Ausgabe von Woody Guthrie. Deutet sich hier etwa schon an daß er das Gefühl hat daß der Kopf versorgt werden muß?

Und dann, lange Jahre – folgt man den Plattenhüllen - keine Kopfbedeckung. Aber – mein Freund Axel stellt mir 2014 die Komplettausgabe der “Basementtapes“ zur Verfügung. Das beiliegende schwere Büchlein zeigt ohne Ende Fotos von Hutträgern, jungen Hutträgern, Dylan, die Mitglieder der Band. Hüte wo­hin man schaut. Was mag sie bewegt haben? Sie müssen einen Entschluß gefaßt haben.

Was ging vor unter diesen Hüten? Gingen da Gedanken, die sagten daß Hüte Macht verleihen? Sind Hüte ein Ausweis? Sind sie eine Botschaft: Siehe wir sind nach Hause gekommen, Opas Kopfbe­deckung ist nicht tot! Wir sind jetzt Opa! Reden etwa Hüte vom Dennoch: werden zwar nicht gebraucht, aber Huttragen ist vielleicht die neue rebellische Attitüde.

Was diese Fotos aber noch verraten: alle Hüte sind neu, frisch aus dem Hutladen, hängen also nicht mit Benutzung, sondern mit Inszenierung zusammen. Was sagen diese Fotos uns den Konsumenten dieser Musik?

Tatsächlich, meine Romanze mit B. Dylan endete mit dem Erscheinen der “Nashville Skyline“. Hut und ein schütterer Bart. Zusammenarbeit mit J. Cash. Meine Verständnisvorräte sind damit aufge­braucht.

Velvet Underground, haben die Hüte getragen? Nein, haben sie nicht, allerdings hat Lou Reed wäh­rend seiner Solokarriere gerne das Haupt damit geschmückt.

Und meine anderen Heroen? Jarvis Cocker, keine Hüte dafür Bärte der schrecklichsten Art, David Byrne findet spät zum Hut, mutiert damit so zur Modeikone.

Robert Hunter: keine Kopfbedeckungen. Elvis Costello greift zur Kopfbedeckung als seine Werke mir nicht nachvollziebar werden.

Und dann: Doug Sahm (vulgo Sir Douglas) wird praktische nie ohne Hut gesehen. Er ist Texaner (… and you can't live in Texas if you don't have a lot of soul...)

Joe Ely und Jimmy Dale Gilmore tragen zu meiner Verblüffung keine Hüte. Wobei Butch Hancock (mit dem zusammen die Beiden als “The Flatlanders“ musizieren) ohne Hut nicht mehr denkbar ist. Wobei sein Hutgebrauch anscheinend mit dem zunehmenden Alter korreliert. Die drei sind ebenfalls Texaner.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen daß Texas das Amerika von Amerika ist.

Ich bin ergriffen und beginne ein Thesenpapier zu verfassen (während ich auf dem gewinkelten Sofa liege). Dieses Thesenpapier findet in meinem Kopf statt, später beginne ich mit der Niederschrift.

Später forsche ich auch weiter:

Oma O. ist 1915 geboren und war (laut meiner Behauptung) Sekretärin von Heydrich. Opa O. - mein ehem. Schwiegervater wiederum ist 1911 geboren. Wenn die ältere Tochter heute 61 Jahre alt ist dann ereignete sich die Erstmutterschaft von Oma O. im Alter von 38. Das war 1953, Opa O. war da 42 Jahre alt.

Meine Mutter schützte auf Befragen, ob es sein könne daß ihr Vater mir anvertraut habe daß Opa O. SA-Mann gewesen sei, Altersdemenz vor. Dachte etwas nach und sagte dann sie sei sich nicht sicher ob ihr Vater nicht auch SA-Mann gewesen sei (war er mit Sicherheit nicht) er habe aber in aufdringlicher Weise als ihr, als BDM Führerin, die Führerschnur verliehen wurde und sie damit stolz durch die elterliche Wohnung paradiert sei, vor ihr immer wieder mit dem deutschen Gruß salutiert.

Und dann, noch später, bin ich wieder in Kulmbach, wieder in besagter Wohnung, meine Mutter schläft wieder auf dem winkligen Sofa, von den anderen Verwandten ist niemand anwesend.

Da gehe ich zu dem Hutrack, greife mutig nach dem Hut. Er stammt vom Hersteller Meyser. Und in Gold sind die Initialen H.A. eingeprägt. Heißt wahrscheinlich Herr Allin.

Ich setze den Hut auf, mit einer ungewissen Erwartung, nichts geschieht, keine Epiphanie. Ist halt doch nur ein Hut. Oder meine Empfindungsfähigkeit ist nicht entwickelt genug.

 

Mein Thesenpapier “Hüte/Kopfbedeckungen/Hütchen“


 

1)   Hüte sind zuerst Zeichen und keine Kleidungsstücke, die eine Gebrauchs­funktion haben. Als Zeichen sind sie aufs engste verwandt mit Bärten und be­dingt mit Sonnenbril­len.
Der Bart ist leicht zu deuten: Er tautologisch - ein Bart ist ein Bart - und ex­clusiv dem mannhaften Geschlecht zu eigen. Von Damenbärten soll hier nicht die Rede sein. Der Bart beseitigt jeden möglichen Zweifel an der Zugehörig­keit zur Mannschaft. Bärte betonen  die Mund/Kinnpartie, akzen­tuieren den Ort am Körper, der am ehesten die Raubtiernatur des Mannes nachweist. Mund, Zähne, zerreißen, zermalmen, zerstückeln. Andrerseits legen Bärte aber auch (die Wuchsform der Haare schließt Zweifel aus) eine Scham­behaarung im Gesicht nahe, was so dem behaarten Mund etwas Vaginales ver­leiht,  den Gedan­ken an die Vagina dentada nahelegt. Ich leide un­ter einer Fan­tasie: ein Freund habe mir erzählt, er habe auf einem Empfang Kai Diekmann, den Chefredak­teur der Bild-Zeitung beobachtet, wie der eine von Tomatenso­ße triefende Currywurst sich mit Behagen in den bartumstan­denen Mund schob.
Sonnenbrillen liegen zu weit außerhalb meines Verständnisses. Obwohl die frühe Version von Velvet Underground (seit langem und immer noch meine Lieblingsgruppe) ohne Sonnenbrillen nicht denkbar ist. Wobei Moe Tucker – die Schlagzeugerin – aber keine Sonnenbrille trug.

2)   Es gibt außerhalb der Hüte noch andere Kopfbedeckungen. Diese ande­ren Kopfbedeckungen sind nicht  Thema dieser Fantasie. Und wenn ich von Hüten rede dann meine ich in der Hauptsache Hütchen. Das sind Kopfbedeckungen denen etwas übertrieben Zierliches anhaftet.

3)   Das Hüte-Tragen von Frauen liegt noch weiter außerhalb meines Verständ­nisses als das Tragen von Sonnenbrillen.

4)   Ein/kein Hut markiert ein Binärsystem: Zustand A: Kopf bedeckt; Zustand B: Kopf unbedeckt.

5)   Das Phänomen Hut teilt Männer in zwei Gruppen: den Nutzer und den Nichtnutzer. Der Gelegenheitsnutzer ist Nutzer.

6)   Hüte sind ein Statement, wobei mir nicht ganz klar ist was damit gesagt wird. Ende des Kopfes? Ich hatte noch Platz am Körper. Einfluss von oben? Schau mal, ich habe einen Hut!

7)   Musiker tragen gerne Hüte weil sie – denke ich – nicht vollständig von ihrer Musik überzeugt sind und die über die optische Spur aufbessern wollen. Oder sie tragen schon mal perspektivisch den Hut um im Falle des von der Bühne-Gebuht-Werdens bereits reisefähig zu sein. Perfektioniert hat des Verwenden von Hütchen L. Cohen, der frenetischen Applaus für Hütchen abnehmen und Hütchen wieder aufsetzen erhält.

8)   Die Dyaden:

A)  Hütchenträger trifft auf Hütchenträger, führt zu anerkennen­den Nicken hin und her, ich vermute Tribalismus dahinter.

B)  Hütchenloser trifft Hütchenlosen, es geschieht nichts weil Nichtvorhandenes auf zwei Seiten weder Differenz noch Anerkenntnis begrün­den kann. Höchsten, es handelt sich dabei um zwei Amputierte. Männer mit abben Beinen, zum Beispiel.

C)  Hütchenträger trifft auf Nichthütchenträger, denkt: Ach, der Arme! (im Sinne des Wortes, weil er einen Mangel wahr­nimmt.) Der Hutlose hat die Wahl zwischen bewundernden Neid, was zum Entschluss führen kann sogleich den nächs­ten Hutladen anzusteuern, oder dem Gefühl gerade an ei­nem kompletten Idioten vorbeigegangen zu sein.

9) Wobei sich diese Dyaden zu Triaden weiten, wenn wir Zeugen dieser Begeg­nung annahmen, diese Zeugen entweder Hütchenträger sind oder eben unbedeckt ge­hen.

10) Gewisse Musiker sind mit Hüten nicht vorstellbar (Velvet Underground, wo­bei Lou Rreed später aber - als Solokünstler - irgendwann doch zum Hütchen greift. David Byrne? Greift aktuell altersbedingt zum Hut, als Zutat zum modischen Auftritt. Elvis Costello, den ich schwer in Verdacht hatte exzessiver Hutträger zu sein greift relativ spät zur Kopfbedeckung, macht dann aber auch entspre­chende Musik. Mein Freund Axel hat mir ein Stück von Costello vorgespielt das total nach Hütchen klingt. Gerade aber, während des Schreibens, fällt mir Captain Beef­heart ein, er selber und die Angehörigen der Magicband waren entschlossene Hutträ­ger. Sir Douglas (Doug Sahm) Leiter des Sir Douglas Quintets ist ohne Hut schlicht nicht vorstellbar. Sir Douglas Quintet, ebenfalls eine Gruppe die mir begeisternd sehr am Herzen liegt.

11) Der Hut ist das Kleidungsstück(?) das der Erde maximal abgewandt ist, es schiebt sich zwischen Himmel und Träger. Man könnte meinen es ist eine Art Sichtschutz nach oben, der durch Schirm oder Krempe Gesicht und das Mie­nenspiel verbirgt. Deutet das etwa an daß der Hutträger die Existenz eines übergeordneten Beobachters annimmt?

  1. Der Hut als Einheit steht gegen die Vielheit der Haare, er ersetzt das eigene, individuelle (die Haare) durch ein Massenprodukt und glättet so das natürliche Wirrwarr des Schopfes. Leistet so dem Tribalis­mus Vorschub indem gleichartige Kopfbedeckungen zu Erkennungszeichen werden. Dabei aber ist zu beachten, daß Friseure die Haare verschiedener Menschen in geordnete, gleichartige Zustände bringen können. So entsteht eine aussagefähige Marke, die die Träger solcher Frisuren in Stand setzen Zugehörigkeiten bzw. Ausschluß zu empfinden.

13) Hüte schützen nicht die Ohren vor Kälte.

14) Die Krempe, die die Augenpartie verschattet, wirkt wie eine Art Maske.

  1.  Könnte es sein daß ein Hut als Deckel empfunden wird, der verhindert daß etwas nach oben entweichen könnte? Der Hut wird vielleicht auch durch sein Gewicht als Abschluß des Körpers in der Vertikalen empfunden.

  2. Hüte sind äquivalent zu SUVs (SportUtilityVehicles) sie behaupten eine nicht vorhandene Notwendigkeit. Daß da draußen eine wilde Welt in der Zivilisation verborgen ist, zu deren Bewältigung schweres Gerät gebraucht wird. Dem Nutzer wird durch das Verwenden von Hüten und SUVs klar daß er diese – imaginierte – Wildnis besteht und bewältigt.

  3. Sind Hüte ein direktes Äquvivalent zu Schuhen? Schützen sie - wie Schuhe, die Füße vor Einflüssen die aus dem Grund stammen - vor Einflüssen die von oben (vom Himmel?) stammen? Und wir, die Hutlosen sind einfach nicht sensibel genug um diese Einflüsse zu spüren?

  4. In diesem Zusammenhang möchte ich auf Bauhelme verweisen und die Mühen die es kostete diese verpflichtend einzuführen, weil die Roheren unter den Bauleuten Gefahren von oben einfach leugneten.


 


 

Die Befragung von WIKIPEDIA ergibt einiges (von dem aber nur wenig hier angeboten werden soll):

Der Hut ist eine Kopfbedeckung, die sich durch die feste Form und die umlaufende Krempe von einer Mütze unterscheidet. Verläuft dieser Rand um den Hut nicht ganz um den Kopf, spricht man von einer „Kappe“.

Hutkrempe

Die Hutkrempe ist der Teil des Hutes, der vom Kopf seitlich absteht und an der Unterkante der Hut­krone ansetzt. Hutkrempen laufen komplett um den Kronenteil des Hutes herum und können unter­schiedlich breit sein.

Die Krempe dient dem Sichtschutz, dem Sonnenschutz und schützt vor Niederschlag. Je breiter die Krempe, desto größer die Schutzfunktion, aber desto leichter kann der Hut auch weg fliegen, auf­grund der größeren Angriffsfläche für Wind. Seit jeher dient die Krempe auch der Verzierung, be­sonders bei den sehr breiten Damenhüten. Wenn krempenartige Bestandteile nur an Teilen einer Kopfbedeckung angebracht sind, handelt es sich um eine Mütze. Man spricht dann von einem Schirm (für die Augenpartie, manchmal zusätzlich auch für die Nackenpartie) und von Ohrenklap­pen.

In der Rechtsmedizin gibt es die sogenannte Hutkrempenregel. Diese wird verwendet, um eine Ver­letzung einem Unfall oder aber einer Dritteinwirkung zuzuordnen.

Hutkrempenregel

Die Hutkrempenregel ist ein Begriff aus der forensischen Traumatologie. Die Regel besagt, dass Verletzungen oberhalb einer gedachten Hutkrempe wahrscheinlich durch Schläge, unterhalb dieser Linie wahrscheinlich durch Stürze entstanden sind. Sie wird verwendet, um Dritteinwirkung festzu­stellen, wenn die betroffene Person nicht aussagen kann (beispielsweise bei einem Todesfall) oder will (beispielsweise bei einem Fall von häuslicher Gewalt).

 

Und dann, das Internet ermöglicht es, die Hutlobby spricht zu uns:

http://www.hut.de/

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Zum Geleit:

Der klassische Trilby bleibt immer ganz oben. Zur zeitlosen Hutform gesellt sich die wetterbeständige Ausrüstung der hochwertigen Schurwolle. Die Teflonbeschichtung lässt Wasser abperlen und garantiert zusammen mit dem baumwollenen Futter einen atmungsaktiven Tragekomfort. Stetson setzt am Oberkopf auf die Ententeichform und gewährleistet so eine ideale Passform.

Odenton Musikerhut Pork Pie

Die Open-Air-Saison ist eröffnet. Der runde, schmale Pork Pie Hut macht jede Bewegung und jeden Rhythmus mit. Mit seiner farbverwaschenen Beschichtung sieht der Baumwollhut wie geöltes Vin­tage-Leder aus. Zusätzlich bietet der trendbewusste Stoffhut mehr als 40-fachen Sonnenschutz, so dass Sie ihn auch auf Festivals und Straßenkonzerten einsetzen können. Stetson gibt mit einem Leichtfutter anschmiegsamen Komfort in den blitzgewandten Herrenhut.

Red Corleone Bogarthut

Männlicher Charme. Er sieht aus wie ein Mafiahut: charakteristisch markantes Design aus hochwer­tigem Filz mit geschwungener Krempe. Das dekorative Ripsband hebt sich kontrastreich von der klassisch geformten Krone ab - ein echter Blickfang. Im Alltag ist dieser Filzhut ebenso beeindru­ckend wie bei besonderen Anlässen. Der Mann von heute weiß, wie er sich am besten präsentiert.

Odessa Stoffhut Trilby

Im rockigen Stil läuft es wie geschmiert. Mit seiner farbverwaschenen Beschichtung wirkt der Baumwollhut, als sei er aus geöltem Vintage-Leder. Neben seinem authentischen Look bietet der Stofftrilby einen 40-fachen Sonnenschutz für sämtliche Open-Air-Einsätze und Festivals. Stetson USA setzt ein leichtes Futter in den kompakten Hut, der mit seinem Stonewashed-Design zum Er­folg durchstartet.

Fedora Pork Pie Hut

Ein Hut macht Gelegenheit. Zum Musikfestival oder alltagstauglich in den Straßen der Stadt prä­sentiert sich der schmale Filzhut von Lierys immer passend. Kompakt wie ein Trilby, doch mit pfif­fig aufgestellter Krempe ist der Player ein wahrer Trendfaktor für den Kopf. Seine Bequemlichkeit verdankt der Trendhut weich verarbeiteter Wolle. Ein klassisches Ripsband mit Emblem und der Paspeleinfass vollenden den Wollhut, der mit angenehmem Futterband der perfekten Begleiter in der Szene wird.

Hut aus dem Film Blues Brothers

Filme machen Hüte zu Legenden. In Anlehnung an die Filmbrüder Jake und Elwood Blues, die in schwarzen Anzügen und passenden Accessoires durch Chicago wüten, wurde der klassische Herren­hut benannt. Der feine Haarfilz wird von einem Ripsband und einem Paspelrand umschlossen. Auch innen überzeugt der Fedora mit Taftfutter und einem qualitativen Lederschweißband.

Pate Bogarthut

Klassisch und markant kleidet sich der Mann. Ein Wollhut in Bogartform vermag jede Garderobe aufzuwerten. Als Requisite in zahlreichen Filmklassikern hat sich der Herrenhut einen Namen ge­macht. Mit geschwungener Krempe, geknotetem Ripsband und tropfenförmigem Ententeich sitzt der Filzhut, wie er sitzen soll - charaktervoll.

Richmond Wollfilz Trilby

Perfektion der Extraklasse. Mit diesem Trilby sind Ihnen einzigartige Auftritte garantiert – ein Le­ben lang. Denn dank ASAHI GUARD ist der Filzhut extrem robust und strapazierfähig. Der Her­renhut ist schmutzresistent, wasserabweisend und knautschbar, so dass er stets aussieht wie neu. Das klassische Ripsband unterstreicht die elegante Perfektion des Stetson-Hutes. Mit Stofffutter­band.

Kangol Mowbray Pork Pie Musikerhut

Bei diesem Sommerhut bestechen der Stoff aus Bambusfaser und die beliebte Pork Pie Silhouette. Die Playerkrempe in aufgeschlagener Form kleidet den eleganten Herren individuell. An den Seiten zeigt sich Kangol mit aufwendiger Stickerei. Das eingearbeitete Stretchband sorgt für bequemen Halt an allen Tagen.

Kangol Tropic Trilby Hut

Ein Trend für Tag und Nacht!
Mit diesem fantastisch geschnittenen, bequemen Sommerhut kann man eindrucksvoll durch die Cafés und Szenebars der Stadt ziehen. Der luftdurchlässige Stoffmix mit lässig aufgeschlagener Krempe bewahrt einen kühlen Kopf und macht das Club-Outfit perfekt.
Mit passgenauem Stretchband und Kangol-Schriftzug.

Schiller Trilby

Schmutz- und wasserabweisend wird dieser Filzwollhut in Trilbyform zum idealen Begleiter für alle Männer, die modisches Selbstbewusstsein und praktische Argumente miteinander verbinden möch­ten. Zudem kann mit diesem eleganten Modell auch Mut zur Farbe bewiesen werden, wie das breite und mehrfarbige Ripsband eindrucksvoll beweist.

Club Trilby Stoffhut

Für durchtanzte Nächte. In jedem Club setzt der Trilby aus glattem Kunstleder ein modisches State­ment. Der kompakte Herrenhut wird auf dem Dancefloor zum Hingucker, begeistert aber genauso in der Stadt und im Café. Das wasserabweisende Material überzeugt auch an nasskalten Tagen, die hinten aufgestellte Krempe setzt einen kecken Akzent. Mit gemustertem Stofffutter und Ripsfutter­band.

Roger Cicero Signatur Trilby Wollfilzhut

Die Stimme des deutschen Swing hat ein Markenzeichen, seinen Hut. Aus der Roger Cicero Kollek­tion stammt der individuelle Trilby aus hochwertigem Wollfilz. Die schmale Form, das klassische schwarze Ripsband und ein Signaturknopf tragen zusammen zum stilvollen Auftritt des Herrenhutes bei. Mit bequemer Ententeichkopfform und Stoffschweißband rückt Mayser den komfortablen Clubhut ins Scheinwerferlicht.

Idrofugo Player Haarfilzhut by Borsalino (299,00 €)

Die Italiener haben es vorgemacht. Klassisch kombinierte Farben machen den Hut zu einer stilvol­len und gelungenen Kopfbedeckung. Das zweifarbige Ripsband mit goldener Borsalino-Prägung gibt dem Filzhut ein elegantes und zugleich trendbewusstes Erscheinungsbild. Wasserabweisendes Kaninchenhaar und ein Seidenfutter zeigen seine edle Beschaffenheit, die den Herrenhut für alle Wetterlagen ausstattet. Borsalino lässt Ihnen die Freiheit, den Herrenhut als Trilby oder als Player zu tragen.

Musiker Herren Haarfilzhut by Mayser

Ein Hut erlangt Kultstatus. Vielleicht erinnert Sie der Herrenhut an einen legendären deutschen Sän­ger, dessen Kopfbedeckung zu seinen Markenzeichen zählt. Die ausgeprägte und monumentale Form trägt einen prägnanten Stern auf dem schmalen Ripsband und hat einen flachen Westernkopf. Als weitere Qualitätsmerkmale fasst Mayser den edlen Haarfilz am Rand ein und stattet den Filzhut mit einem Futterband aus Echtleder aus.

Velluto Samttrilby by Borsalino

Samtiges Gefühl live erleben. Seine sanfte Ausstrahlung und der weiche Griff machen den feinen Samthut zu einem instinktsicheren Begleiter. Stil und ein leichtes Ripsfutterband sind dem schma­len Baumwollhut in die Wiege gelegt. Natürlich lässt es es sich Borsalino nicht nehmen, ein breites Hutband mit goldener Markenprägung auf dem exzellenten Trilby zu platzieren.

Tropic Bombin Melone by Kangol

Der Klassiker kommt in Leichtversion. Als knautschbarer, kleiner, runder Stoffhut ist der Bowler eine moderne Kopfbedeckung für das Sommerfestival und die Clubnacht. Auch für den Alltag macht der Musikerhut aus luftigem Material was her. Kangol setzt ein elastisches Futterband in den Trendhut hinein und seinen Markenschriftzug auf die Seite.

Original Parfum Cologne Spray by Stetson

In der Duftwolke des Wilden Westens. Eine maskulin pudrige Note begleitet die holzige, frische und leicht würzige Essenz. Genauso charaktervoll und gediegen wie der Duft ist der schnörkellose Flakon, der das Herrenparfum einschließt. Stetson weiß, wie man aus einem Cowboy einen echten Gentleman macht - mit Westernhut und einem markanten Herrenduft.

 

Die Forschung mußte nun notwendig hin zu den deutschen Kultur-Titanen gehen -

Zuerst zu GOETHE. Kein Ergebnis, abgesehen vom in der Campagna unter einem gewaltigen Schlapphut abhängenden Meister. Ich möchte nicht ausschließen daß der der gnadenlosen Sonne Italiens geschuldet ist.

Goethe + Hüte in Googles Suchfenster eingegeben bringt:

“...und hüte mich mit ihm zu brechen....“ Immerhin. Immerhin erfahre ich noch daß es Goethe-Wassergläser gibt:

Das Goethe-Wasserglas ist die Nachbildung eines Trinkglases aus Goethes Privatbesitz. Das Original wurde nach Goethes Tod in seinem Haus in Weimar gefunden und ist heute im Goethe-Museum, ebenfalls in Weimar, zu besichtigen. In dem 1790 erbauten Haus am Frauenplan verbrachte Goethe fast 50 Jahre seines Lebens.

http://www.silberstab.de/

 

Deshalb hin zu SCHILLER:


 

Wilhelm Tell:


 

Erster Gesell:
Was will die Trommel? Gebet acht!

Meister Steinmetz:
Was für ein Fasnachtsaufzug und was soll der Hut?

Ausrufer:
In des Kaisers Namen! Höret!

Gesellen:
Still doch! Höret!

Ausrufer:
Ihr sehet diesen Hut, Männer von Uri!
Aufrichten wird man ihn auf hoher Säule,
Mitten in Altdorf, an dem höchsten Ort,
Und dieses ist des Landvogts Will und Meinung:
Dem Hut soll gleiche Ehre wie ihm selbst geschehn,
Man soll ihn mit gebognem Knie und mit
Entblösstem Haupt verehren – Daran will
Der König die Gehorsamen erkennen.
Verfallen ist mit seinem Leib und Gut
Dem Könige, wer das Gebot verachtet.

Das Volk lacht laut auf, die Trommel wird gerührt, sie gehen vorüber.

Erster Gesell:
Welch neues Unerhörtes hat der Vogt
Sich ausgesonnen! Wir 'nen
Hut verehren!
Sagt! Hat man je vernommen von dergleichen?

Meister Steinmetz:
Wir unsre Knie beugen einem Hut!
Treibt er sein Spiel mit ernsthaft würd'gen Leuten?

Erster Gesell:
Wär's noch die kaiserliche Kron! So ist's
Der Hut von Österreich, ich sah ihn hangen
Über dem Thron, wo man die Lehen gibt!

Meister Steinmetz:
Der Hut von Österreich! Gebt acht, es ist
Ein Fallstrick, uns an Östreich zu verraten!

Gesellen:
Kein Ehrenmann wird sich der Schmach bequemen.

Meister Steinmetz:
Kommt, lasst uns mit den andern Abred nehmen.

Sie gehen nach der Tiefe.

Tell zum Stauffacher:
Ihr wisset nun Bescheid. Lebt wohl, Herr Werner!

Stauffacher:
Wo wollt ihr hin? O eilt nicht so von dannen.

Tell:
Mein Haus entbehrt des Vaters. Lebet wohl.

Stauffacher:
Mir ist das Herz so voll, mit Euch zu reden.

Tell:
Das schwere Herz wird nicht durch Worte leicht.

Stauffacher:
Doch könnten Worte uns zu Taten führen.

Tell:
Die einz'ge Tat ist jetzt Geduld und Schweigen.


 

Und Wallenstein (Ebenfalls Schiller)

ein gewisser 'Kellermeister' spricht:


 

KELLERMEISTER.

Die Weibsperson, die Ihr da seht zu Roß,

Das ist die Wahlfreiheit der böhmschen Kron.

Das wird bedeutet durch den runden Hut

Und durch das wilde Roß, auf dem sie reitet.

Des Menschen Zierat ist der Hut, denn wer

Den Hut nicht sitzenlassen darf vor Kaisern

Und Königen, der ist kein Mann der Freiheit.

(Ei, Vater,) sieh den Hut dort auf der Stange.

Dann zum WÖRTERBUCH DER GEBRÜDER GRIMM

HUT [Lfg. 10,10], m. pileus. ahd. mhd. huot; niederl. hoed; dem altnord. fehlt das wort, dafür erscheint ein mit ihm wurzelhaft wol kaum verwandtes hattr, was in schwed. hatt, dän. hat fortlebt; das angels. kennt sowol hôd als hät in der bedeutung pileus, ebenso engl. hood und hat, nur dasz das erstere der ungewöhnlichere ausdruck, die bezeichnung für doctorhut, kappe, das letztere das wort des gewöhnlichen lebens ist; fries. steht hôd und das seltenere hat in völlig gleicher verwendung. – Die eigentliche bedeutung von hut ist jedenfalls nur die allgemeine decke, schutz, das wort scheint, wie das folgende und das verbum hüten, zurückzuführen auf eine wurzel skad, sanskr. chad, mit verlust des anlautes und mit derselben mangelnden lautverschiebung des auslautenden consonanten, den auch das gleicher wurzel entstammende, aber anlautend vollständig gebliebene goth. skadu-s schatten zeigt.

hut ist kopftracht beider geschlechter, wird auch in freierem sinne verwendet. [Abschnitt reduzieren]

1) hut, als männliche kopfbedeckung.

a) form, stoff und farbe des hutes werden näher bestimmt: hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut; ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus STEINBACH [10,1979] 1, 797; hut von filz, seide, stroh; den hut (des hohenpriesters) von weiszer seiden. 2 Mos. 39, 28; nam er ein filzen hůt. Aimon v 4b;


 

ich hab ein hůt,

ist plab, der tůt mich frewen. HLAND volksl. 644;


 

der erste, der mit kluger hand

der männer schmuck, den hut, erfand,

trug seinen hut unaufgeschlagen;

die krempen hiengen flach herab. GELLERT 1, 9;


 

der hut wird geschmückt, staffiert (fertig gemacht durch ausputzen), vergl. hutschmücker, hutstaffierer; er ist mit tressen, band oder federn versehen: da brachte man mir ein weiszes hemd, schuhe und strümpfe samt einem überschlag oder kragen, auch hut HUT [Lfg. 10,10], m. pileus. ahd. mhd. huot; niederl. hoed; dem altnord. fehlt das wort, dafür er­scheint ein mit ihm wurzelhaft wol kaum verwandtes hattr, was in schwed. hatt, dän. hat fortlebt; das angels. kennt sowol hôd als hät in der bedeutung pileus, ebenso engl. hood und hat, nur dasz das erstere der ungewöhnlichere ausdruck, die bezeichnung für doctorhut, kappe, das letztere das wort des gewöhnlichen lebens ist ...[weiter]

hut, als männliche kopfbedeckung.

orm, stoff und farbe des hutes werden näher bestimmt: hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut; ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus STEINBACH [10,1979] 1, 797; hut von filz, seide, stroh; den hut (des hohenpriesters) von weiszer seiden. 2 Mos. 39, 28; nam er ein filzen hůt. Aimon v 4b;

HUT, der träger des hutes, der mann, wie franz. chapeau (LITTRÉ 1, 555c), und vielleicht daher erst entlehnt: denken denn [10,1982] die herren hüte, dasz die damen nicht auch wein trinken wollen? LESSING 2, 545;

der hut ist von alters her zeichen des adels und der freiheit, die edeln werden in den frühlateinischen quellen des mittelalters pileati genannt, vgl. die nachweise bei GRIMM rechtsalt. 271. der ein lehen übertragende reichte seinen hut dem lehenempfänger zum be­rühren hin (a. a. o. 148. HALTAUS 983), zum zeichen, dasz ein theil von jenes rechten auf diesen übergieng. daher der hut symbol der …

durch das abnehmen des hutes bekennt man sich daher als diener jemandes, eine sitte die ursprünglich nur von dem niedern gegen den höher stehenden geübt werden konnte.


 

Befragt wirdnun : WANDER: DEUTSCHES SPRICHWÖRTER-LEXIKON

Hut (der).

 

1. Alte Hüte lieben das Grüssen nicht.

 

2. An dem Hut der Flor bracht' ihn wieder empor.

Der Tod seiner Frau verbesserte seine Vermögensverhältnisse.

 

3. Besser den Hut verloren als den Kopf.

Nach dem Klosterspiegel (48, 4) verlor der Ritter La Barre im Jahre 1766, weil er bei einer Kapuzi­nerprocession vorübergegangen, ohne den Hut zu ziehen, den Kopf; er wurde infolge dessen ent­hauptet.

 

4. Besser den Hut ziehen als den Beutel.

It.: Piuttosto cappello in mano, che mano alla borsa. (Bohn I, 121.)

 

5. Den Hut schlägt man, und den Kopf meint man.

 

6. Der Hut in der Hand kost't nichts und hilft durchs Land.

 

7. Der Hut will klüger sein als der Kopf.

Die Russen behaupten, es sei dies oft der Fall.

 

8. Dreieckiger Hut, dreifache Versicherung.

»Die gewohnte Tracht ziert den Bauersmann am besten und ist auch die nützlichste, weil sie nicht aus der Mode kommt. Dreieckiger Hut, dreifache Versicherung hat ehemals bei uns gegolten.« (B. Auerbach, Schwarzwälder Dorfgeschichten, IV, 45.)

 

9. Ein Hut des Jahrs mehr nach Gebühr, ein Buch oder zweie weiss Papier, und dann biswei­len ein Glas Wein macht manchen guter Freunde sein.

Frz.: Un bonnet par an plus ou moins, de papier blanc une ou deux mains, et parfois un verre de vin font acquerir des amis maints. (Kritzinger, 78a.)

 

10. Ein Hut ist mehr als hundert Hauben.Winckler, VII, 74.

 

11. Ein Hut mehr des Jahres unterhält viel Freundschaft.

Holl.: Een hoed meer in het jaar onderhoudt veel vriendschap. (Harrebomée, I, 309.)

 

12. Ein Hut passt nicht auf alle Köpfe.

 

13. Einen neuen Hut zieht man gern.Altmann VI, 421.

 

14. Einen newen Hut hengt man an einen newen Hacken.

Die Russen: Ein neuer Hut wird an den Pflock gehängt, ein alter in die Ecke geworfen.

 

15. Es war noch kein Hut so heilig, der Teufel hat seinen Kopf hineingesteckt.

Holl.: Daar was nooit kop zoo heilig of de duivel krijgt er zijn hoofd wel in. (Bohn I, 302.)

 

16. Für jeden Hut gibt's einen Kopf.

 

17. Geschwinde zum Hut und langsam zum Beutel.

Dän.: Hav hovedet aapent, men pungen lukt. Hurtig til hatten, og seen til pungen, giør ingen skade.

 

18. Ham mut a Hud egh laft, iar'm a Mâ sjocht. (Amrum.)

Man muss den Hut nicht lüften (heben), ehe man den Mann sieht. Es geschieht dies aber sehr häu­fig. Die Dänen behaupten zwar, man ziehe den Hut mehr vor dem Rock als vor dem Manne.

Dän.: Man tager meere hatten af for klederne end for personen.


 

19. Hi sjogt am a Hud an hê'n sallew üüb't Haad. (Amrum.)

Er sucht nach dem Hute und hat ihn selbst auf dem Kopfe.

 

20. Huot as half Suot.

 

21. Hut ab, sagte der Wind zum Quäker.

Engl.: I insist on your taking your hat off as the high wind said to the Quaker.

 

22. Hut bei Schleier und Schleier bei Hut.

Dies auf das Erbrecht zwischen Ehegatten sich beziehende Sprichwort hat in einem Gebrau­che, der früher in einigen Gegenden beobachtet wurde, seinen Grund. Wenn nämlich Braut und Bräutigam vor dem Altar standen, um ihr Ehebündniss von dem Geistlichen einsegnen zu lassen, legte der Bräutigam seinen Hut auf den Altar und die Braut ihren Schleier daneben. Dies hiess sich verheirat­hen; Hut bei Schleier und Schleier bei Hut, wodurch angezeigt werden sollte, dass wenn die Ehe kinderlos bliebe, der Ueberlebende den Verstorbenen allein beerben solle. So wie Lanze oder Schwert den Mann, und Spille oder Spindel das Weib bezeichnet, so geschieht es hier durch Hut und Schleier. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 148.)

 

23. Hut geht vor Haube.

It.: Val più una beretta che cento scuffie.

 

24. Hut in der Hand hilft durchs ganze Land.

Dän.: Gode ord i munden og hat i haanden koster intet, men gav ner folk og land.

 

25. Hut vnd Mantel trawren allzeit, das Hertz wirds selten gewahr.

 

26. Mag der Hut zum Teufel gehn, bleibt der Kopf nur stehn.

Die Russen: Den Hut mag man verlieren, wenn man nur den Kopf nicht verliert.

 

27. Man kann den Hut oft abnehmen, eh' das Schild bricht.

Höflichkeit und Bescheidenheit kosten nicht viel.

 

28. Man muss den Hut nicht eher abnehmen, bis man gegrüsst wird.

Wird angewandt, wenn einer dem andern in die Rede fällt.

Holl.: Men moet zijn' hoed niet afnemen, voor men gegroet wordt.

 

29. Man mut nich eer den Hoed afnämen, bet man 'n Kerl süüt.

 

30. Man schlegt den Hut vnd meint den Kopff.

 

31. Mein Hut, sagte der Doctor, kostet dem Vater das Gut.

 

33. Mit dem Hut in der Hand kommt man weiter als mit dem Hut auf dem Kopfe.

 

34. Mit dem Hute in der Hand kommt man durchs ganze Land.

Das Hutabnehmen gilt als das äussere Zeichen der innern Achtung, doch hat man schon wiederhol­entlich und vielseitig gegen die mit Unbequemlichkeit verbundene Sitte angekämpft, auch schon Vereine gegen das Hutabnehmen gegründet. Der Sinn des Sprichworts ist: Höflichkeit, die nicht in Schmeichelei und Kriecherei ausartet, empfiehlt überall.

Engl.: A man's hat in his hand never did him any harm.

Frz.: Courtois de bouche, main au bonnet, peu coûte et bon est. Pondre fine chasse plus loin que la grosse.

Holl.: Met den hoed in de hand komt men door het gansche land.

It.: Beretta in mano non fece mai danno. Cortesia di bocca, mano al capello poco costa ed è buono e bello.

 

35. Schnell zum Hut ist oft gut.

Dän.: Det er tid at tage hatten af, naar man seer manden. Snart til hat og seen til pung hielper frem saa mangen ung.

Holl.: Ras ter hoed doet veel goed.

 

36. Sieh dir den Hut an, den ich trage, ehe du um meinen alten bittest. (Surinam.)

Was soll ich dir geben, da ich selbst nichts habe.

 

37. So mancherley Hüte, so mancherley Narren.

 

38. Uemmer mit'n Hot as Silk (Cäcilie) Reddersch, harr'n Hot ümmer bî't Eten ophatt.

 

39. Unter einem runden Hut schmeckt der Kuss noch mal so gut.

 

40. Unter einem schlechten (schlichten, groben) Hut steckt oft ein gescheiter Kopf.

Frz.: Sous le chapeau d'un paysan pent se trouver le conseil d'un prince.

Lat.: Non est magna domus; quid tum? sub paupere tecto saepe etiam virtus ingeniosa latet. (

 

41. Us em ärm Hôt es mänche reche Gedanke kumm. (Bedburg.)

 

42. Wann der Hut zu stoltzieren anfangt, so duncket sich Kappen auch kein Narr zseyn, wei­len sie in gleicher Hochheit, die Läuss- Hütter-Stelle vertritt.

 

43. Was hilffts, dass man den Hut hette, wann der Kopf ab ist.

It.: Rotta la testa, si mette la celata.

 

44. Wenn der Hut anfängt zu stolziren, will auch die Kappe kein Narr mehr sein.

 

45. Wenn ich den Hut aufhebe, so bekomm' ich Schläge, lass' ich ihn liegen, so heiss' ich träge (oder: so bekomm' ich Prügel).

It.: Peribo si non fecero; si faxo vapulabo. (Gaal, 950.)

 

46. Wenn man ein Jahr lang vor einem den Hut abgezogen, so weiss man, was hinter ihm ist.

 

47. Wenn't Höd (Hüte) rägent, mi fel (fällt) ken uppen Kopp. (Strelitz.)

 

48. Wer auf den Hut wartet, den er erben soll, kann sein Lebtag barhaupt gehen.

 

49. Wer den Hut abzieht, hat kleine Mühe und gewinnt grosse Gunst.

 

50. Wer einen Hut von Spanischen Fliegen trägt, hat immer Blasen auf dem Kopfe.

 

51. Wer einen zu grossen Hut auffsetzt, dem felt er in die Augen.

 

52. Wie einem der Hut stehet, so stehet ihm auch der Kopff.

Oft kann man vom Aeussern aufs Innere schliessen; aber man kann sich damit auch arg täu­schen.

 

53. Wie mir der Hut steht, so steht mir der Kopf, sagte der Hanswurst.

Holl.: Zoo mij de hoed staat, staat mij het hoofd, zei de dwaas.

 

54. Wo Haut is, gellet keine Müske. (Westf.)

Vom Vorrecht der Männer.

Holl.: Waar hoeden zijn, gelden geene mutsen.

 

55. Wo Hüte sind, bezahlen keine Hauben.

Holl.: Waar hoeden zijn, betalen geene mutsen.

 

56. Alles unter Einen Hut bringen (oder: bringen wollen).

Alle Meinungen und verschiedene Ansichten vereinigen.

 

57. Das fallt in den bordirten Hut. (OberösterreicHut)

 

58. Dat kannst du oppen Haut stecken. (Sauerland.)

 

59. Dem hät et ongen den Hut gerähnt. (Bedburg.)

Er hat zu viel getrunken. Dafür hat man in Bedburg auch die Redensarten: Dä ess em Thron. Dä ess em Düssel. Hä ess knüll. Hä ess em Stivvel. Hä hät gätt vil DurscHut Dat ess en Spöltonn.

 

60. Den gelben Hut tragen müssen.

Eine Strafe für den bankrott gewordenen Kaufmann. Wer zum »gelben Hut« verurtheilt war, der musste laut eines Rathsbeschlusses vom Jahre 1581 (Frankfurt a.M.) sammt seiner Familie ge­ringer gekleidet gehen als die übrigen Bürger und jedes öffentlichen Verkehrs mit ehrlichen Leuten sich enthalten bei Gefängnissstrafe; auch war er unfähig zu städtischen Aemtern, also aus der Gesells­chaft ausgestossen und politisch todt. Aus besonderer Huld überliess man einem solchen die Wahl zwischen drei Strafen: entweder dreimal zwei Stunden am Halseisen stehen oder lebenslang einen gelben Hut tragen, oder auf immer im Schuldthurm sitzen.

 

61. Den Haut iut den Augen setten können. (Büren.)

Ein gutes Gewissen haben.

 

62. Den Hut auf elf setzen.Eiselein, 339.

In Steiermark sagt man: Den Hut auf halber zwölf aufsetzen (oder aufhaben), d.Hut schief; meist um einen Rausch zu bezeichnen.

 

63. Den Hut aufs linke Ohr setzen.Eiselein, 339.

Lat.: Omnia susque deque habere. (Eiselein, 339.)

 

64. Den Hut in der Hand, den Filz im Herzen.

 

65. Den Hut nach dem Winde rücken (drücken, setzen, halten). (S. ð Mantel.)

Mhd.: Wann frawen haben kurtzen muot vnd wenden dick den huot nâch dem wind her vnd dar.

 

66. Den Hut vor jemand abnehmen.

Ausdruck der Achtung. Die Römer sagten: die Fasces vor jemand sinken lassen, um auszu­drücken, dass sie ihm den Vorrang über sich einräumten. Die Redensart stammt daher, dass, wenn zwei Ma­gistratspersonen unter dem Vorausgang von Lictoren mit den Fasces auf der Strasse einan­der begeg­neten, die Lictoren der Magistratspersonen niedern Ranges ihre Fasces etwas mussten sin­ken lassen. Ein Dictator konnte 24, ein Consul 12 und ein Prätor 6 Lictoren mit Fasces vor sich hergeh­en lassen. Die Redensart ist verwandt mit unsern Ausdrücken: die Fahne oder den Degen sen­ken, das Gewehr präsentiren. (Faselius, 85.)

Lat.: Fasces submittere alicui. (Faselius, 85.)

 

67. Den rothen Hut bekommen.

Frz.: On lui a fait porter le chapeau rouge.

 

68. Der Hut gehört nicht auf einen solchen Kopf.

 

69. Eam sittet de Haut op Vivat, äs wann de Buer en Föer Weiten verkowt heat. (Westf.)

 

70. Einem den Hut drehen.

»Sie würden sich unterfangen, mir den Hut zu trähen und den Kuntzen mit mir zu spielen.« (Grim­melshausen, Springinsfeld.)

 

71. Ein steit de Haut op halwer Achte. (Büren.)

Hat stark getrunken.

 

72. Er darff für menniglich den Hut ab den Augen ziehen.

 

73. Er gibt den Hut um einen Rock.

 

74. Er hat den Hut auf tausend Thaler gesetzt.

D.Hut schief.

Frz.: Il a mis son bonnet de travers.

 

75. Er hat den Hut nicht recht aufgesetzt.

Von einem kleinen Versehen, einem Formfehler.

 

76. Er (es) hat ihm den Hut verrückt.

 

77. Er ist nicht wohl unter dem Hut verwahrt.

 

78. Er nimmt den Hut vor jedem Laternenpfahl ab.

 

79. Er kann seinen Hut drehen, wohin er will.

 

80. Er trägt den preussischen Hut.

Hat eine stolze Haltung. Von dem, nach Jahn, den Preussen eigenen Stolz und Selbstgefühl. (Vgl.

 

81. Er trägt einen geborgten Hut.

Steckt in Schulden über Kopf und Ohren.

 

82. Es ist ihm unter dem Hute nicht richtig. (Nürtingen.)

Lat.: Naviget Anticyram. (Horaz.)

 

83. Es verrückt ihm den Hut.

 

84. He het ên to väl ünder den Hot.

Hat zu viel getrunken.

 

85. He kann de Hot ut den Ogen sett'n.Eichwald, 1423.

 

86. Man muss den Hut vor ihm abnehmen.

Holl.: Daar moet hij den hoed voor afnemen. – Men moet den hoed voor hem afnemen.

 

87. Sein Hut hängt die Flügel wie ein abgestossenes Schwalbennest.Parömiakon, 404.

Wer in Verlegenheit, besonders in Geldverlegenheit, und dessen Muth von der Noth gelähmt wor­den ist.

 

88. Sein Hut sitzt, als trüg' er ein Vogelnest darunter.

 

89. Si stack'n unter ên Huat. (Franken.)

Sie haben gemeinschaftliche Sache, mit schlimmen Nebenbegriffen.

Frz.: Ce sont deux têtes dans un bonnet. (Lendroy, 188.)

 

90. Unter dem Hute nicht wohl verwahrt sein. (S. ð Hütlein 3.)

 

91. Unter dem Hute spielen.Parömiakon, 1703.

 

92. Unter Einem Hute stecken.

 

93. Vor dem nehm' ich den Hut nicht ab.

 

94. Wat uppen Hëut steaken. (Driburg.)

Etwas hinnehmen, sich gefallen lassen.

 

95. Der Hut macht nicht den Doctor.

It.: Il berretto non fa il dottore. (Giani, 4.)

 

96. Es schicket sich nicht ein jeder Hut auf jeden Kopf, vnd nicht jede Speiss in jeden Hafen.

 

97. Hättstu ein solchen Hut, der für Untreue wäre gut, oder für den Tod ein Schwert, du wärst allen Reichthumb wertHut

 

98. Er gukt in den Hut. (Köthen.)

D.h er wird übergangen, bekommt nichts.

 

99. Nu halt mir einer den Hut!

 

Befragt wird jetzt: RÖHRICH: LEXIKON DER SPRICHWÖRTLICHEN REDENSARTEN

 

Hut (der).


 

Kulturgeschichtlich bedeutsam sind die Funktionen der Kopfbedeckung und die Bedeutung, die man ihr beimißt, sowie auch die Werte und Glaubensvorstellungen, die sich mit ihr verbinden. Mit der Kopfbedeckung kann vieles ausgedrückt werden: die soziale Stellung, das Amt, das Alter, das Geschlecht, die Religionszugehörigkeit, ja sogar die Gefühle von Freude und Schmerz (Wildhaber).

 

Aus diesem unbewiesnen Grunde

Hat alle Zeit und jedes Land

Witz, Vorrecht, Herrschaft, Ruhm und Freiheit

Allein dem Hute zuerkannt.

(Joh. Christian Günther,1695-1723).

 

Der Hut vertritt gewissermaßen die ganze Person, wie z.B. in den Sprichwörtern und Redensarten: ›Sieh dir den Hut an, den ich trage, ehe du um meinen alten bittest‹, d.h, was soll ich dir geben, da ich selbst nichts habe. Einen geborgten Hut tragen: in Schulden stecken. Der Hut gehört nicht auf einen solchen Kopf: was er sich anmaßt, steht ihm nicht zu.

Jemandem eins auf den Hut geben, derber Einem auf den Hut spucken: ihn zurechtweisen; Eins auf den Hut kriegen: getadelt werden. Hut steht in diesen Wendungen bildlich für ›Kopf‹, wie auch Lehmann S. 201 anführt: »Man schlägt den Hut und meint den Kopf«; vgl. ›Eins auf den Deckel kriegen‹; ›Ei­nem auf den Deckel spucken‹ usw.

Nicht richtig unterm Hut sein: geistesgestört, verrückt, nicht recht bei Verstand sein; vgl. franzö­sisch ›travailler du chapeau‹. Ähnlich: ›Er hat e Naturfehler unterm Hut‹.

Ein aIter Hut: eine altbekannte Tatsache, Langgewohntes; Bekanntes, als Neuigkeit vorgebracht; ein veralteter Witz. Etwas aus dem Hut machen: etwas improvisieren. ›Das kannst du einem erzäh­len, der den Hut mit der Gabel aufsetzt‹, das erzähle einem Dummen, aber nicht mir.

Im Rechtsbrauchtum hat der Hut eine wichtige Stellung. Er ist ein Wahrzeichen der Herrschaft, ist Feld- und Hoheitszeichen. Daß der Hut schon in früher Zeit das Zeichen und Vorrecht des freien Mannes war, wissen wir. Es trugen ihn die Könige, die Adeligen und die Priester, und so war er zu­nächst ein Rang- und Standesabzeichen. Für den Hut als Symbol der Herrschaft ist der Geßlerhut das kennzeichnendste Beispiel geworden. In seinem ›Chronicon Helveticum‹ berichtet der Schwei­zer Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi (1505-72): Der Landvogt Gessler »ließ umb S. Jacobstag zu Altdorff am Platz bi den Linden / da mengklich für gon mußt / ein Stangen uffrichten / und ein Hut oben druff legen / und ließ gebieten mengklichen / im Land wonhafft / bi Verlierung des Guts und einer Lib-Straff / daß jeder so da fürgienge / sölte mit Neigen und Paret abziehen Eer und Re­verentz bewisen / als ob der Künig selbs / oder Er an siner statt persönlich da wäre / und hat dabi ein stäten Wächter und Hüter bi Tag Zit sitzende / uffzesechen / und die anzegeben / die dem Gebott nit statt tättind«.

Das Hutabnehmen gilt nach alter Auffassung als Zeichen der Lehenshuldigung. Der Hutgruß ist also ursprünglich Demütigung des Untergebenen. Es gilt als besonderes Vorrecht, den Hut in Ge­genwart des Herrschers aufbehalten zu dürfen.

 

Schiller in ›Piccolomini‹ (IV,5):

Des Menschen Zierat ist der Hut, denn wer

Den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaiser

Und Königen, der ist kein Mann der Freiheit.

 

Schiller denkt hier an das wohlverbriefte Recht mittelalterlich Adliger, bedeckten Hauptes vor ihren Fürsten zu erscheinen. Die Sitte des Hutabnehmens beim Gruß blickt auf ein relativjunges Alter zu­rück. Der älteste Beleg scheint eine Stelle im ›Wigalois‹ des Wirnt von Grafenberg aus dem Jahre 1204 zu sein, in der es von der Begegnung zwischen einem Edelknaben und einem Junker heißt (41,12):

 

Und als er im so nahen quam,

sinen huot er abe nam;

hie mit êret er in also

der junkherre gruozt in do.

 

R. Hildebrand hat das Aufkommen dieser Grußsitte aus dem höfischen Brauchtum des Mittelalters abgeleitet, wonach der Lehensmann bei seinem Lehensherrn die Rüstung und Wehr, also auch den Helm, abzulegen hatte. In der bürgerlichen Kultur des ausgehenden Mittelalters wurde diese ur­sprünglich kriegerische Helmsitte auf den friedlichen Filzhut übertragen. Mit diesem höfisch-ritter­lichen Brauchtumselement verband sich aber doch wohl noch eine religiös-kultische Forderung, die bereits biblisch vom Apostel Paulus folgendermaßen formuliert worden war (1 Kor 11,4): »Ein jeg­licher Mann, der da betet oder weissagt und hat etwas auf dem Haupt, der schändet sein Haupt« und (1 Kor 11,7): »Der Mann aber soll das Haupt beim Beten nicht bedecken, sintemal er ist Gottes Bild und Ehre«. Das Ablegen von Hut, Handschuhen und Mantel wird schon um 1270 von Konrad von Haslau in seinem ›Jüngling‹ als Höflichkeit empfohlen; von einem jungen Mann ohne Bildung heißt es dort:

 

Handschuoh, swert, mantel, huot

treit er bî den gesten und bî kunden ...

ez waer im êrsam unde guot,

züg er abe mantel unde huot.

 

Das Abnehmen des Hutes schwächte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer reinen Höflichkeitsbe­zeigung ab. Durch Ziehen des Hutes grüßte man bald nicht nur den Vorgesetzten, sondern auch den Gleichgestellten, und schließlich dankt man auf diese Weise sogar für den Gruß des Untergebenen. Das Sprichwort rühmt den stets Grußbereiten: ›Hut in der Hand, hilft durchs ganze Land‹; ›Mit dem Hut in der Hand kommt man weiter als mit dem Hut auf dem Kopf‹. JoHut Balthasar Schuppius faßt die Volksmeinung bereits 1684 in die Worte zusammen: »Gute Worte im Mund und den Hut in der Hand, das kostet kein Geld und bringet einen ehrlichen Kerl oft sehr weit«. Wie be­reits im 17. Jahrhundert, so rät auch heute noch das Sprichwort ›Greif geschwind zum Hut und langsam zum Beutel‹. Er hat Vögel unterm Hut sagt man spöttisch von einem, der zu faul oder zu tölpelhaft ist, durch Abnehmen des Hutes zu grüßen; öfter noch: Er hat Spatzen, Sperlinge, Schwal­ben unterm Hut (erst aus dem 17. Jahrhundert belegt).

Man muß den Hut vor ihm abnehmen, ebenso Hut ab!: man muß Respekt, Achtung vor ihm ha­ben; vgl. französisch ›On peut lui tirer son chapeau‹ und ›Chapeau bas‹ oder umgangssprachlich ›Chapeau‹

Vor dem nehm' ich den Hut nicht ab!: ich habe keine Achtung vor ihm. Andererseits warnt die sprichwörtliche Redensart, Den Hut vor jedem Laternenpfahl abzunehmen: allzu unterwürfig zu sein.

(Alles) unter einen Hut bringen (wollen): alle Meinungen und verschiedene Ansichten zu vereini­gen suchen; Unter einen Hut kommen: einig werden. Man braucht hier Hut nicht als bildliche Be­zeichnung für ›Herrschaft‹ aufzufassen (wie es der von Geßler im ›Tell‹ aufgesteckte Hut ist und wie dies von hier aus wohl auch in den Sprachgebrauch des 19. Jahrhunderts eingegangen ist; z.B. H. v. Treitschke: ›Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert‹, II, 376: »Die bigotten Kurtrierer kam es hart an, dass sie mit den protestantischen Katzenellenbogern unter einen Hut gerieten«). Hut ist hier ein Bild für die gemeinsame Zusammenfassung vieler Köpfe; ähnlich wie es schon in Wolf­rams von Eschenbach ›Willehalm‹ (29,10) zur Bezeichnung einer geringen Anzahl von Streitern heißt:

 

die der marcgrâfe fuorte,

die möht ein huot verdecken.

 

Wie im öffentlichen Leben, so war der Hut auch in der Ehe ein Wahrzeichen der Herrschaft. Im äl­teren Hochzeitsbrauchtum bekam die Braut gelegentlich den Hut des Mannes aufgesetzt zum Zei­chen, daß sie in seine Gewalt überging, oder die Braut gab dem Bräutigam bei der Hochzeit einen Hut zum Zeichen, daß der Mann in der Ehe den Vorrang haben solle. In Schwaben trug an einigen Orten der Bräuti­gam am Hochzeitstag einen hohen Hut, den er den ganzen Tag aufbehielt, außer wenn er in die Kir­che ging. In den Redensarten wird dieser Zustand mit der Feststellung umrissen: Die Frau hat den Hut auf: Sie hat die Hosen an, d.Hut, sie verfügt über die Herrschaft in der Ehe. Der Dich­ter Friedrich Hagedorn (1708-54) berichtet darüber:

 

Der Mann ward, wie es sich gebühret,

Von seiner lieben Frau regieret,

Trotz seiner stolzen Männlichkeit!

Die Fromme herrschte nur gelinder!

Ihr blieb der Hut und ihm die Kinder.

 

Jedenfalls gilt der Hut auch im privaten Leben als ein Zeichen sozialen Prestiges und der Männ­lichkeit. Das Sprichwort sagt ›Ein Hut ist mehr als hundert Hauben‹, oder ebenso: ›Hut geht vor Haube‹. Eine alte Form der Einsprache gegen die Ehe war das Werfen des Hutes oder der Mütze. Wenn im Hanauischen bei einer Eheverkündigung von der Kanzel eine Frau Einsprache erheben wollte, mußte sie ihre Mütze abnehmen und in die Kirche werfen. Die Redensart ›'s Hüetl eini wer­fen‹ bedeutet: die Heirat rückgängig machen. Eines Hütchens (etwa wie man es noch als Würfelbe­cher benutzt finden kann) bedienten sich einst die Taschenspieler bei der Ausführung ihrer Kunst­stücke, weshalb sie Johann Fischart »blind­meuß und hütlinspiler« nennt. Das ›mit eim huetlin de­cken‹ von betrügerischen Kunstgriffen der Gaukler und Spielleute findet sich schon bei Walther von der Vogelweide (37,34):

 

genuoge hêrren sind gêllch den gouglaeren,

die behendeclîche kunnen triegen unde vaeren,

der spricht: ›sich her, waz ist under disem huote?‹

nu zucke in ûf, da stêt ein wilder valke in sînem muote.

Zuck ûf den huot, so stêt ein stolzer pfâwe drunder,

nu zucke in ûf, dâ stêt ein merwunder;

swie dicke daz geschicht, so ist ez ze jungest wan ein krâ.

 

Das Wort begegnet auch bei Luther und besonders in Murners ›Narrenbeschwörung‹ (55,3): »Sy kynnent under dem hütlin spilen«; und (55,19):

 

Der Herren untrüw ist zu vil,

Die nennent sy des hütlin spil.

Ach gott, wer der im pfeffer landt,

Der das spil zuerst erfand.

 

Daß diese ›Spieler‹ die zur Täuschung bestimmten Sachen mit dem Hute, der ja auch bei heutigen ›Zauberern‹ noch seine Rolle spielt, zudeckten, erhellt aus

 

Murners ›Narrenbeschwörung‹ (67,17):

 

Wie wol sy es alles anders nenten

Und kynnents mit eim hütlin decken,

Das nit die wucher zen (Zähne)

erblecken (sichtbar werden).

 

Die im 16. Jahrhundert sehr gebräuchliche Redensart unterm Hütlein spielen: betrügen, findet sich auch bei Luther. Abraham a Sancta Clara schreibt (›Judas‹ I,45): »Du wirst zu Hof sehen lauter Hu­ter, aber nur solche, die unter dem Hütel wissen meisterlich zu spielen«. Ähnlich altbairisch: »ein Richter, der das recht verkürzt und ein hütlein darüber stürzt«; etwas abweichend: »wenn man einen armen das recht verquent und im ein hütlein für die augen went«. Eine andere Deutung versucht G. Jungbauer im Handbuch des Aberglaubens: Danach war der Hut auch ein Sinnbild der Übertragung von Gut und Lehen. Der Übertragende oder an seiner Statt der Richter pflegte den Hut zu halten, der Erwerbende hineinzugreifen oder einen Halm hineinzuwerfen. Das ›Greifen in den Hut‹ scheint aber noch früher auch den Sinn des Verschwörens gehabt zu haben. Die miteinander ›in den Hut griffen‹, verschworen sich zusammen. Daher entspricht auch die Redensart ›Unter dem Hütlein spielen‹ dem lateinischen ›conspirare inter se‹.

Sich etwas an den Hut stecken können: etwas aufgeben müssen; auf etwas keinen Wert legen.

Das kannst du dir auf den Hut stecken!: das kannst du behalten, Ausdruck einer groben Abwei­sung. Die erst seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhundert aufgekommene Redensart kommt vermut­lich von der Sitte der zum Militärdienst ausgemusterten jungen Leute, sich Papierblumen auf den Hut zu stecken.

Andererseits spielt der mit Bändern, Liebeszeichen, Trophäen, Erinnerungsstücken besteckte Hut im älteren Festbrauchtum schon eine weiter zurückreichende Rolle, wofür literarisch Zeugnisse sprechen:

Wilhelm Hauff (1802-1827) erzählt:

 

Als ich zur Fahne fortgemüßt,

Hat sie so herzlich mich geküßt,

Mit Bändern meinen Hut geschmückt.

 

Ähnl. schon bei Joh. Heinrich Voss (1751-1826):

 

Mit Eichenlaub den Hut bekränzt!

Wohlauf und trinkt den Wein!

 

Ebenso auch bei Ludwig Uhland:

 

Wohl jauchzen die andern und schwingen die Hüt',

Viel Bänder daraufund viel edle Blüt'.

 

Bezeichnend ist auch, wie einer den Hut aufsitzen hat. Daraus, wie ein Hut getragen wird, kann man auf die Gesinnung des Trägers schließen: »Wie einem der Hut stehet, so stehet ihm auch der Kopff« (Lehmann,429,10). Wer ein schlechtes Gewissen hat und sich nicht sehen lassen will, Zieht den Hut tief ins Gesicht; vgl. französisch ›Il rabat son chapeau sur ses yeux‹.

Den Hut nach dem Wind rücken: Den Mantel nach dem Wind kehren; vgl. französisch ›retourner sa veste‹ (wörtlich: seine Jacke umkrempeln): seine Meinung den Verhältnissen anpas­sen; Den Hut nicht recht aufgesetzt haben: einen kleinen Formfehler begangen haben. Den Hut auf elf (halb acht, halb zwölf, halb dreizehn) setzen (aufhaben): etwas getrunken haben. ›Dem steit de Haut op halwer achte‹ sagt man in Westfalen von einem Betrunkenen; in gleicher Bedeutung ober­sächsisch ›Den Hut schief aufhaben, auf dem Ohre, auf der Dammichseite sitzen haben‹.

Da geht einem der Hut hoch ist eine junge Redensart zur Bezeichnung großen Erstaunens (in ähnlichem Sinne wie: ›Da platzt einem der Kragen‹).

Die Redensart ›Da geht einem der Hut hoch‹ mag ihren Ursprung in den Charly-Chaplin-Filmen haben. Dem Hauptdarsteller ging immer der Hut hoch, wenn sich ihm die Haare sträubten, wenn sie ihm zu Berge standen. Sie nährt sich aber auch von dem Doppelsinn (Hut = Kopf) im Erotischen. Beim Erblicken eines hübschen, anziehenden Mädchens: »Da geht einem ja der Hut hoch«. Vgl. den bekannten Schlager (Ilse Werner):

 

Wir machen Musik,

Da geht uns der Hut hoch...

 

In einem Lobgesang auf die Kunst der Leineweber aus dem 17./18. Jahrhundert findet sich die Auf­forderung:

 

Setzt den Hut frei nach der Seiten!

Fragt, wo ist das beste Bier?

 

Ein Böhmerwälder Volkslied bringt diese verschiedenen Möglichkeiten, den Hut aufzusetzen, in an­schauliche Verse:

 

Und wann i mai Hüaterl grad aufsitzen hab,

Da woas 's schon a jeder ganz gwiß:

Da bin i net freundli, da bin i net grob,

Grad daß mir halt alles oans is.

Und wann i mai Hüaterl am Ohr sitzen han

Und juchez hellauf über d'Höh:

Da wissen's die Deandla weit und broat schon,

Dass i heut no fensterlen geh'.

Aber hab i mai Hüaterl ins Gsicht einizogen,

Gottswilln fangts mit mir nix an!

I tua's a mit zwoa Dutzat Buama glei wagn

Und hauat in Teufl davon.

Doch wann i amol stirb, gelts, dös oani tuats ma no,

Dös Hüaterl, dös grabts aa mit ein!

Dann halt i's in Händn und klopf halt drobn an,

Liaba Petrus, mach auf, lass mi ein.

 

Mit jemandem etwas am Hut haben: mit ihm planen, zusammen mit ihm etwas vorhaben. Dage­gen: Mit jemandem nichts am Hut haben: ihn nicht mögen, ihm aus dem Wege gehen.

Seinen Hut in den Ring werfen: jemanden herausfordern.

Seinen Hut an den Nagel hängen: seinen Beruf aufgeben.

Den Hut nehmen: von seinem Amt zurücktreten. Auch bei dieser Redensart handelt es sich um ein altbekanntes Bild: wer den Hut nimmt, kündigt seinen Abschied an. ›Etwas nicht aus dem Hut hervorzaubern können‹: es nicht aus dem Nichts herholen können. Die Wendung läßt an die bekann­ten Kunststückchen der Zauberer denken, die einen Vogel oder ein Kaninchen aus dem Hut zaubern.

Dann zum WÖRTERBUCH DER GEBRÜDER GRIMM

HUT [Lfg. 10,10], m. pileus. ahd. mhd. huot; niederl. hoed; dem altnord. fehlt das wort, dafür erscheint ein mit ihm wurzelhaft wol kaum verwandtes hattr, was in schwed. hatt, dän. hat fortlebt; das angels. kennt sowol hôd als hät in der bedeutung pileus, ebenso engl. hood und hat, nur dasz das erstere der ungewöhnlichere ausdruck, die bezeichnung für doctorhut, kappe, das letztere das wort des gewöhnlichen lebens ist; fries. steht hôd und das seltenere hat in völlig gleicher verwendung. – Die eigentliche bedeutung von hut ist jedenfalls nur die allgemeine decke, schutz, das wort scheint, wie das folgende und das verbum hüten, zurückzuführen auf eine wurzel skad, sanskr. chad, mit verlust des anlautes und mit derselben mangelnden lautverschiebung des auslautenden consonanten, den auch das gleicher wurzel entstammende, aber anlautend vollständig gebliebene goth. skadu-s schatten zeigt.

hut ist kopftracht beider geschlechter, wird auch in freierem sinne verwendet. [Abschnitt reduzieren]

1) hut, als männliche kopfbedeckung.

a) form, stoff und farbe des hutes werden näher bestimmt: hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut; ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus STEINBACH [10,1979] 1, 797; hut von filz, seide, stroh; den hut (des hohenpriesters) von weiszer seiden. 2 Mos. 39, 28; nam er ein filzen hůt. Aimon v 4b;


 

ich hab ein hůt,

ist plab, der tůt mich frewen. HLAND volksl. 644;


 

der erste, der mit kluger hand

der männer schmuck, den hut, erfand,

trug seinen hut unaufgeschlagen;

die krempen hiengen flach herab. GELLERT 1, 9;


 

der hut wird geschmückt, staffiert (fertig gemacht durch ausputzen), vergl. hutschmücker, hutstaffierer; er ist mit tressen, band oder federn versehen: da brachte man mir ein weiszes hemd, schuhe und strümpfe samt einem überschlag oder kragen, auch hut HUT [Lfg. 10,10], m. pileus. ahd. mhd. huot; niederl. hoed; dem altnord. fehlt das wort, dafür er­scheint ein mit ihm wurzelhaft wol kaum verwandtes hattr, was in schwed. hatt, dän. hat fortlebt; das angels. kennt sowol hôd als hät in der bedeutung pileus, ebenso engl. hood und hat, nur dasz das erstere der ungewöhnlichere ausdruck, die bezeichnung für doctorhut, kappe, das letztere das wort des gewöhnlichen lebens ist ...[weiter]

hut, als männliche kopfbedeckung.

orm, stoff und farbe des hutes werden näher bestimmt: hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut; ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus STEINBACH [10,1979] 1, 797; hut von filz, seide, stroh; den hut (des hohenpriesters) von weiszer seiden. 2 Mos. 39, 28; nam er ein filzen hůt. Aimon v 4b;

HUT, der träger des hutes, der mann, wie franz. chapeau (LITTRÉ 1, 555c), und vielleicht daher erst entlehnt: denken denn [10,1982] die herren hüte, dasz die damen nicht auch wein trinken wollen? LESSING 2, 545;

der hut ist von alters her zeichen des adels und der freiheit, die edeln werden in den frühlateinischen quellen des mittelalters pileati genannt, vgl. die nachweise bei GRIMM rechtsalt. 271. der ein lehen übertragende reichte seinen hut dem lehenempfänger zum be­rühren hin (a. a. o. 148. HALTAUS 983), zum zeichen, dasz ein theil von jenes rechten auf diesen übergieng. daher der hut symbol der …

durch das abnehmen des hutes bekennt man sich daher als diener jemandes, eine sitte die ursprünglich nur von dem niedern gegen den höher stehenden geübt werden konnte.


 

Befragt wirdnun : WANDER: DEUTSCHES SPRICHWÖRTER-LEXIKON

Hut (der).

 

1. Alte Hüte lieben das Grüssen nicht.

 

2. An dem Hut der Flor bracht' ihn wieder empor.

Der Tod seiner Frau verbesserte seine Vermögensverhältnisse.

 

3. Besser den Hut verloren als den Kopf.

Nach dem Klosterspiegel (48, 4) verlor der Ritter La Barre im Jahre 1766, weil er bei einer Kapuzi­nerprocession vorübergegangen, ohne den Hut zu ziehen, den Kopf; er wurde infolge dessen ent­hauptet.

 

4. Besser den Hut ziehen als den Beutel.

It.: Piuttosto cappello in mano, che mano alla borsa. (Bohn I, 121.)

 

5. Den Hut schlägt man, und den Kopf meint man.

 

6. Der Hut in der Hand kost't nichts und hilft durchs Land.

 

7. Der Hut will klüger sein als der Kopf.

Die Russen behaupten, es sei dies oft der Fall.

 

8. Dreieckiger Hut, dreifache Versicherung.

»Die gewohnte Tracht ziert den Bauersmann am besten und ist auch die nützlichste, weil sie nicht aus der Mode kommt. Dreieckiger Hut, dreifache Versicherung hat ehemals bei uns gegolten.« (B. Auerbach, Schwarzwälder Dorfgeschichten, IV, 45.)

 

9. Ein Hut des Jahrs mehr nach Gebühr, ein Buch oder zweie weiss Papier, und dann biswei­len ein Glas Wein macht manchen guter Freunde sein.

Frz.: Un bonnet par an plus ou moins, de papier blanc une ou deux mains, et parfois un verre de vin font acquerir des amis maints. (Kritzinger, 78a.)

 

10. Ein Hut ist mehr als hundert Hauben.Winckler, VII, 74.

 

11. Ein Hut mehr des Jahres unterhält viel Freundschaft.

Holl.: Een hoed meer in het jaar onderhoudt veel vriendschap. (Harrebomée, I, 309.)

 

12. Ein Hut passt nicht auf alle Köpfe.

 

13. Einen neuen Hut zieht man gern.Altmann VI, 421.

 

14. Einen newen Hut hengt man an einen newen Hacken.

Die Russen: Ein neuer Hut wird an den Pflock gehängt, ein alter in die Ecke geworfen.

 

15. Es war noch kein Hut so heilig, der Teufel hat seinen Kopf hineingesteckt.

Holl.: Daar was nooit kop zoo heilig of de duivel krijgt er zijn hoofd wel in. (Bohn I, 302.)

 

16. Für jeden Hut gibt's einen Kopf.

 

17. Geschwinde zum Hut und langsam zum Beutel.

Dän.: Hav hovedet aapent, men pungen lukt. Hurtig til hatten, og seen til pungen, giør ingen skade.

 

18. Ham mut a Hud egh laft, iar'm a Mâ sjocht. (Amrum.)

Man muss den Hut nicht lüften (heben), ehe man den Mann sieht. Es geschieht dies aber sehr häu­fig. Die Dänen behaupten zwar, man ziehe den Hut mehr vor dem Rock als vor dem Manne.

Dän.: Man tager meere hatten af for klederne end for personen.


 

19. Hi sjogt am a Hud an hê'n sallew üüb't Haad. (Amrum.)

Er sucht nach dem Hute und hat ihn selbst auf dem Kopfe.

 

20. Huot as half Suot.

 

21. Hut ab, sagte der Wind zum Quäker.

Engl.: I insist on your taking your hat off as the high wind said to the Quaker.

 

22. Hut bei Schleier und Schleier bei Hut.

Dies auf das Erbrecht zwischen Ehegatten sich beziehende Sprichwort hat in einem Gebrau­che, der früher in einigen Gegenden beobachtet wurde, seinen Grund. Wenn nämlich Braut und Bräutigam vor dem Altar standen, um ihr Ehebündniss von dem Geistlichen einsegnen zu lassen, legte der Bräutigam seinen Hut auf den Altar und die Braut ihren Schleier daneben. Dies hiess sich verheirat­hen; Hut bei Schleier und Schleier bei Hut, wodurch angezeigt werden sollte, dass wenn die Ehe kinderlos bliebe, der Ueberlebende den Verstorbenen allein beerben solle. So wie Lanze oder Schwert den Mann, und Spille oder Spindel das Weib bezeichnet, so geschieht es hier durch Hut und Schleier. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 148.)

 

23. Hut geht vor Haube.

It.: Val più una beretta che cento scuffie.

 

24. Hut in der Hand hilft durchs ganze Land.

Dän.: Gode ord i munden og hat i haanden koster intet, men gav ner folk og land.

 

25. Hut vnd Mantel trawren allzeit, das Hertz wirds selten gewahr.

 

26. Mag der Hut zum Teufel gehn, bleibt der Kopf nur stehn.

Die Russen: Den Hut mag man verlieren, wenn man nur den Kopf nicht verliert.

 

27. Man kann den Hut oft abnehmen, eh' das Schild bricht.

Höflichkeit und Bescheidenheit kosten nicht viel.

 

28. Man muss den Hut nicht eher abnehmen, bis man gegrüsst wird.

Wird angewandt, wenn einer dem andern in die Rede fällt.

Holl.: Men moet zijn' hoed niet afnemen, voor men gegroet wordt.

 

29. Man mut nich eer den Hoed afnämen, bet man 'n Kerl süüt.

 

30. Man schlegt den Hut vnd meint den Kopff.

 

31. Mein Hut, sagte der Doctor, kostet dem Vater das Gut.

 

33. Mit dem Hut in der Hand kommt man weiter als mit dem Hut auf dem Kopfe.

 

34. Mit dem Hute in der Hand kommt man durchs ganze Land.

Das Hutabnehmen gilt als das äussere Zeichen der innern Achtung, doch hat man schon wiederhol­entlich und vielseitig gegen die mit Unbequemlichkeit verbundene Sitte angekämpft, auch schon Vereine gegen das Hutabnehmen gegründet. Der Sinn des Sprichworts ist: Höflichkeit, die nicht in Schmeichelei und Kriecherei ausartet, empfiehlt überall.

Engl.: A man's hat in his hand never did him any harm.

Frz.: Courtois de bouche, main au bonnet, peu coûte et bon est. Pondre fine chasse plus loin que la grosse.

Holl.: Met den hoed in de hand komt men door het gansche land.

It.: Beretta in mano non fece mai danno. Cortesia di bocca, mano al capello poco costa ed è buono e bello.

 

35. Schnell zum Hut ist oft gut.

Dän.: Det er tid at tage hatten af, naar man seer manden. Snart til hat og seen til pung hielper frem saa mangen ung.

Holl.: Ras ter hoed doet veel goed.

 

36. Sieh dir den Hut an, den ich trage, ehe du um meinen alten bittest. (Surinam.)

Was soll ich dir geben, da ich selbst nichts habe.

 

37. So mancherley Hüte, so mancherley Narren.

 

38. Uemmer mit'n Hot as Silk (Cäcilie) Reddersch, harr'n Hot ümmer bî't Eten ophatt.

 

39. Unter einem runden Hut schmeckt der Kuss noch mal so gut.

 

40. Unter einem schlechten (schlichten, groben) Hut steckt oft ein gescheiter Kopf.

Frz.: Sous le chapeau d'un paysan pent se trouver le conseil d'un prince.

Lat.: Non est magna domus; quid tum? sub paupere tecto saepe etiam virtus ingeniosa latet. (

 

41. Us em ärm Hôt es mänche reche Gedanke kumm. (Bedburg.)

 

42. Wann der Hut zu stoltzieren anfangt, so duncket sich Kappen auch kein Narr zseyn, wei­len sie in gleicher Hochheit, die Läuss- Hütter-Stelle vertritt.

 

43. Was hilffts, dass man den Hut hette, wann der Kopf ab ist.

It.: Rotta la testa, si mette la celata.

 

44. Wenn der Hut anfängt zu stolziren, will auch die Kappe kein Narr mehr sein.

 

45. Wenn ich den Hut aufhebe, so bekomm' ich Schläge, lass' ich ihn liegen, so heiss' ich träge (oder: so bekomm' ich Prügel).

It.: Peribo si non fecero; si faxo vapulabo. (Gaal, 950.)

 

46. Wenn man ein Jahr lang vor einem den Hut abgezogen, so weiss man, was hinter ihm ist.

 

47. Wenn't Höd (Hüte) rägent, mi fel (fällt) ken uppen Kopp. (Strelitz.)

 

48. Wer auf den Hut wartet, den er erben soll, kann sein Lebtag barhaupt gehen.

 

49. Wer den Hut abzieht, hat kleine Mühe und gewinnt grosse Gunst.

 

50. Wer einen Hut von Spanischen Fliegen trägt, hat immer Blasen auf dem Kopfe.

 

51. Wer einen zu grossen Hut auffsetzt, dem felt er in die Augen.

 

52. Wie einem der Hut stehet, so stehet ihm auch der Kopff.

Oft kann man vom Aeussern aufs Innere schliessen; aber man kann sich damit auch arg täu­schen.

 

53. Wie mir der Hut steht, so steht mir der Kopf, sagte der Hanswurst.

Holl.: Zoo mij de hoed staat, staat mij het hoofd, zei de dwaas.

 

54. Wo Haut is, gellet keine Müske. (Westf.)

Vom Vorrecht der Männer.

Holl.: Waar hoeden zijn, gelden geene mutsen.

 

55. Wo Hüte sind, bezahlen keine Hauben.

Holl.: Waar hoeden zijn, betalen geene mutsen.

 

56. Alles unter Einen Hut bringen (oder: bringen wollen).

Alle Meinungen und verschiedene Ansichten vereinigen.

 

57. Das fallt in den bordirten Hut. (OberösterreicHut)

 

58. Dat kannst du oppen Haut stecken. (Sauerland.)

 

59. Dem hät et ongen den Hut gerähnt. (Bedburg.)

Er hat zu viel getrunken. Dafür hat man in Bedburg auch die Redensarten: Dä ess em Thron. Dä ess em Düssel. Hä ess knüll. Hä ess em Stivvel. Hä hät gätt vil DurscHut Dat ess en Spöltonn.

 

60. Den gelben Hut tragen müssen.

Eine Strafe für den bankrott gewordenen Kaufmann. Wer zum »gelben Hut« verurtheilt war, der musste laut eines Rathsbeschlusses vom Jahre 1581 (Frankfurt a.M.) sammt seiner Familie ge­ringer gekleidet gehen als die übrigen Bürger und jedes öffentlichen Verkehrs mit ehrlichen Leuten sich enthalten bei Gefängnissstrafe; auch war er unfähig zu städtischen Aemtern, also aus der Gesells­chaft ausgestossen und politisch todt. Aus besonderer Huld überliess man einem solchen die Wahl zwischen drei Strafen: entweder dreimal zwei Stunden am Halseisen stehen oder lebenslang einen gelben Hut tragen, oder auf immer im Schuldthurm sitzen.

 

61. Den Haut iut den Augen setten können. (Büren.)

Ein gutes Gewissen haben.

 

62. Den Hut auf elf setzen.Eiselein, 339.

In Steiermark sagt man: Den Hut auf halber zwölf aufsetzen (oder aufhaben), d.Hut schief; meist um einen Rausch zu bezeichnen.

 

63. Den Hut aufs linke Ohr setzen.Eiselein, 339.

Lat.: Omnia susque deque habere. (Eiselein, 339.)

 

64. Den Hut in der Hand, den Filz im Herzen.

 

65. Den Hut nach dem Winde rücken (drücken, setzen, halten). (S. ð Mantel.)

Mhd.: Wann frawen haben kurtzen muot vnd wenden dick den huot nâch dem wind her vnd dar.

 

66. Den Hut vor jemand abnehmen.

Ausdruck der Achtung. Die Römer sagten: die Fasces vor jemand sinken lassen, um auszu­drücken, dass sie ihm den Vorrang über sich einräumten. Die Redensart stammt daher, dass, wenn zwei Ma­gistratspersonen unter dem Vorausgang von Lictoren mit den Fasces auf der Strasse einan­der begeg­neten, die Lictoren der Magistratspersonen niedern Ranges ihre Fasces etwas mussten sin­ken lassen. Ein Dictator konnte 24, ein Consul 12 und ein Prätor 6 Lictoren mit Fasces vor sich hergeh­en lassen. Die Redensart ist verwandt mit unsern Ausdrücken: die Fahne oder den Degen sen­ken, das Gewehr präsentiren. (Faselius, 85.)

Lat.: Fasces submittere alicui. (Faselius, 85.)

 

67. Den rothen Hut bekommen.

Frz.: On lui a fait porter le chapeau rouge.

 

68. Der Hut gehört nicht auf einen solchen Kopf.

 

69. Eam sittet de Haut op Vivat, äs wann de Buer en Föer Weiten verkowt heat. (Westf.)

 

70. Einem den Hut drehen.

»Sie würden sich unterfangen, mir den Hut zu trähen und den Kuntzen mit mir zu spielen.« (Grim­melshausen, Springinsfeld.)

 

71. Ein steit de Haut op halwer Achte. (Büren.)

Hat stark getrunken.

 

72. Er darff für menniglich den Hut ab den Augen ziehen.

 

73. Er gibt den Hut um einen Rock.

 

74. Er hat den Hut auf tausend Thaler gesetzt.

D.Hut schief.

Frz.: Il a mis son bonnet de travers.

 

75. Er hat den Hut nicht recht aufgesetzt.

Von einem kleinen Versehen, einem Formfehler.

 

76. Er (es) hat ihm den Hut verrückt.

 

77. Er ist nicht wohl unter dem Hut verwahrt.

 

78. Er nimmt den Hut vor jedem Laternenpfahl ab.

 

79. Er kann seinen Hut drehen, wohin er will.

 

80. Er trägt den preussischen Hut.

Hat eine stolze Haltung. Von dem, nach Jahn, den Preussen eigenen Stolz und Selbstgefühl. (Vgl.

 

81. Er trägt einen geborgten Hut.

Steckt in Schulden über Kopf und Ohren.

 

82. Es ist ihm unter dem Hute nicht richtig. (Nürtingen.)

Lat.: Naviget Anticyram. (Horaz.)

 

83. Es verrückt ihm den Hut.

 

84. He het ên to väl ünder den Hot.

Hat zu viel getrunken.

 

85. He kann de Hot ut den Ogen sett'n.Eichwald, 1423.

 

86. Man muss den Hut vor ihm abnehmen.

Holl.: Daar moet hij den hoed voor afnemen. – Men moet den hoed voor hem afnemen.

 

87. Sein Hut hängt die Flügel wie ein abgestossenes Schwalbennest.Parömiakon, 404.

Wer in Verlegenheit, besonders in Geldverlegenheit, und dessen Muth von der Noth gelähmt wor­den ist.

 

88. Sein Hut sitzt, als trüg' er ein Vogelnest darunter.

 

89. Si stack'n unter ên Huat. (Franken.)

Sie haben gemeinschaftliche Sache, mit schlimmen Nebenbegriffen.

Frz.: Ce sont deux têtes dans un bonnet. (Lendroy, 188.)

 

90. Unter dem Hute nicht wohl verwahrt sein. (S. ð Hütlein 3.)

 

91. Unter dem Hute spielen.Parömiakon, 1703.

 

92. Unter Einem Hute stecken.

 

93. Vor dem nehm' ich den Hut nicht ab.

 

94. Wat uppen Hëut steaken. (Driburg.)

Etwas hinnehmen, sich gefallen lassen.

 

95. Der Hut macht nicht den Doctor.

It.: Il berretto non fa il dottore. (Giani, 4.)

 

96. Es schicket sich nicht ein jeder Hut auf jeden Kopf, vnd nicht jede Speiss in jeden Hafen.

 

97. Hättstu ein solchen Hut, der für Untreue wäre gut, oder für den Tod ein Schwert, du wärst allen Reichthumb wertHut

 

98. Er gukt in den Hut. (Köthen.)

D.h er wird übergangen, bekommt nichts.

 

99. Nu halt mir einer den Hut!

 

Befragt wird jetzt: RÖHRICH: LEXIKON DER SPRICHWÖRTLICHEN REDENSARTEN

 

Hut (der).


 

Kulturgeschichtlich bedeutsam sind die Funktionen der Kopfbedeckung und die Bedeutung, die man ihr beimißt, sowie auch die Werte und Glaubensvorstellungen, die sich mit ihr verbinden. Mit der Kopfbedeckung kann vieles ausgedrückt werden: die soziale Stellung, das Amt, das Alter, das Geschlecht, die Religionszugehörigkeit, ja sogar die Gefühle von Freude und Schmerz (Wildhaber).

 

Aus diesem unbewiesnen Grunde

Hat alle Zeit und jedes Land

Witz, Vorrecht, Herrschaft, Ruhm und Freiheit

Allein dem Hute zuerkannt.

(Joh. Christian Günther,1695-1723).

 

Der Hut vertritt gewissermaßen die ganze Person, wie z.B. in den Sprichwörtern und Redensarten: ›Sieh dir den Hut an, den ich trage, ehe du um meinen alten bittest‹, d.h, was soll ich dir geben, da ich selbst nichts habe. Einen geborgten Hut tragen: in Schulden stecken. Der Hut gehört nicht auf einen solchen Kopf: was er sich anmaßt, steht ihm nicht zu.

Jemandem eins auf den Hut geben, derber Einem auf den Hut spucken: ihn zurechtweisen; Eins auf den Hut kriegen: getadelt werden. Hut steht in diesen Wendungen bildlich für ›Kopf‹, wie auch Lehmann S. 201 anführt: »Man schlägt den Hut und meint den Kopf«; vgl. ›Eins auf den Deckel kriegen‹; ›Ei­nem auf den Deckel spucken‹ usw.

Nicht richtig unterm Hut sein: geistesgestört, verrückt, nicht recht bei Verstand sein; vgl. franzö­sisch ›travailler du chapeau‹. Ähnlich: ›Er hat e Naturfehler unterm Hut‹.

Ein aIter Hut: eine altbekannte Tatsache, Langgewohntes; Bekanntes, als Neuigkeit vorgebracht; ein veralteter Witz. Etwas aus dem Hut machen: etwas improvisieren. ›Das kannst du einem erzäh­len, der den Hut mit der Gabel aufsetzt‹, das erzähle einem Dummen, aber nicht mir.

Im Rechtsbrauchtum hat der Hut eine wichtige Stellung. Er ist ein Wahrzeichen der Herrschaft, ist Feld- und Hoheitszeichen. Daß der Hut schon in früher Zeit das Zeichen und Vorrecht des freien Mannes war, wissen wir. Es trugen ihn die Könige, die Adeligen und die Priester, und so war er zu­nächst ein Rang- und Standesabzeichen. Für den Hut als Symbol der Herrschaft ist der Geßlerhut das kennzeichnendste Beispiel geworden. In seinem ›Chronicon Helveticum‹ berichtet der Schwei­zer Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi (1505-72): Der Landvogt Gessler »ließ umb S. Jacobstag zu Altdorff am Platz bi den Linden / da mengklich für gon mußt / ein Stangen uffrichten / und ein Hut oben druff legen / und ließ gebieten mengklichen / im Land wonhafft / bi Verlierung des Guts und einer Lib-Straff / daß jeder so da fürgienge / sölte mit Neigen und Paret abziehen Eer und Re­verentz bewisen / als ob der Künig selbs / oder Er an siner statt persönlich da wäre / und hat dabi ein stäten Wächter und Hüter bi Tag Zit sitzende / uffzesechen / und die anzegeben / die dem Gebott nit statt tättind«.

Das Hutabnehmen gilt nach alter Auffassung als Zeichen der Lehenshuldigung. Der Hutgruß ist also ursprünglich Demütigung des Untergebenen. Es gilt als besonderes Vorrecht, den Hut in Ge­genwart des Herrschers aufbehalten zu dürfen.

 

Schiller in ›Piccolomini‹ (IV,5):

Des Menschen Zierat ist der Hut, denn wer

Den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaiser

Und Königen, der ist kein Mann der Freiheit.

 

Schiller denkt hier an das wohlverbriefte Recht mittelalterlich Adliger, bedeckten Hauptes vor ihren Fürsten zu erscheinen. Die Sitte des Hutabnehmens beim Gruß blickt auf ein relativjunges Alter zu­rück. Der älteste Beleg scheint eine Stelle im ›Wigalois‹ des Wirnt von Grafenberg aus dem Jahre 1204 zu sein, in der es von der Begegnung zwischen einem Edelknaben und einem Junker heißt (41,12):

 

Und als er im so nahen quam,

sinen huot er abe nam;

hie mit êret er in also

der junkherre gruozt in do.

 

R. Hildebrand hat das Aufkommen dieser Grußsitte aus dem höfischen Brauchtum des Mittelalters abgeleitet, wonach der Lehensmann bei seinem Lehensherrn die Rüstung und Wehr, also auch den Helm, abzulegen hatte. In der bürgerlichen Kultur des ausgehenden Mittelalters wurde diese ur­sprünglich kriegerische Helmsitte auf den friedlichen Filzhut übertragen. Mit diesem höfisch-ritter­lichen Brauchtumselement verband sich aber doch wohl noch eine religiös-kultische Forderung, die bereits biblisch vom Apostel Paulus folgendermaßen formuliert worden war (1 Kor 11,4): »Ein jeg­licher Mann, der da betet oder weissagt und hat etwas auf dem Haupt, der schändet sein Haupt« und (1 Kor 11,7): »Der Mann aber soll das Haupt beim Beten nicht bedecken, sintemal er ist Gottes Bild und Ehre«. Das Ablegen von Hut, Handschuhen und Mantel wird schon um 1270 von Konrad von Haslau in seinem ›Jüngling‹ als Höflichkeit empfohlen; von einem jungen Mann ohne Bildung heißt es dort:

 

Handschuoh, swert, mantel, huot

treit er bî den gesten und bî kunden ...

ez waer im êrsam unde guot,

züg er abe mantel unde huot.

 

Das Abnehmen des Hutes schwächte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer reinen Höflichkeitsbe­zeigung ab. Durch Ziehen des Hutes grüßte man bald nicht nur den Vorgesetzten, sondern auch den Gleichgestellten, und schließlich dankt man auf diese Weise sogar für den Gruß des Untergebenen. Das Sprichwort rühmt den stets Grußbereiten: ›Hut in der Hand, hilft durchs ganze Land‹; ›Mit dem Hut in der Hand kommt man weiter als mit dem Hut auf dem Kopf‹. JoHut Balthasar Schuppius faßt die Volksmeinung bereits 1684 in die Worte zusammen: »Gute Worte im Mund und den Hut in der Hand, das kostet kein Geld und bringet einen ehrlichen Kerl oft sehr weit«. Wie be­reits im 17. Jahrhundert, so rät auch heute noch das Sprichwort ›Greif geschwind zum Hut und langsam zum Beutel‹. Er hat Vögel unterm Hut sagt man spöttisch von einem, der zu faul oder zu tölpelhaft ist, durch Abnehmen des Hutes zu grüßen; öfter noch: Er hat Spatzen, Sperlinge, Schwal­ben unterm Hut (erst aus dem 17. Jahrhundert belegt).

Man muß den Hut vor ihm abnehmen, ebenso Hut ab!: man muß Respekt, Achtung vor ihm ha­ben; vgl. französisch ›On peut lui tirer son chapeau‹ und ›Chapeau bas‹ oder umgangssprachlich ›Chapeau‹

Vor dem nehm' ich den Hut nicht ab!: ich habe keine Achtung vor ihm. Andererseits warnt die sprichwörtliche Redensart, Den Hut vor jedem Laternenpfahl abzunehmen: allzu unterwürfig zu sein.

(Alles) unter einen Hut bringen (wollen): alle Meinungen und verschiedene Ansichten zu vereini­gen suchen; Unter einen Hut kommen: einig werden. Man braucht hier Hut nicht als bildliche Be­zeichnung für ›Herrschaft‹ aufzufassen (wie es der von Geßler im ›Tell‹ aufgesteckte Hut ist und wie dies von hier aus wohl auch in den Sprachgebrauch des 19. Jahrhunderts eingegangen ist; z.B. H. v. Treitschke: ›Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert‹, II, 376: »Die bigotten Kurtrierer kam es hart an, dass sie mit den protestantischen Katzenellenbogern unter einen Hut gerieten«). Hut ist hier ein Bild für die gemeinsame Zusammenfassung vieler Köpfe; ähnlich wie es schon in Wolf­rams von Eschenbach ›Willehalm‹ (29,10) zur Bezeichnung einer geringen Anzahl von Streitern heißt:

 

die der marcgrâfe fuorte,

die möht ein huot verdecken.

 

Wie im öffentlichen Leben, so war der Hut auch in der Ehe ein Wahrzeichen der Herrschaft. Im äl­teren Hochzeitsbrauchtum bekam die Braut gelegentlich den Hut des Mannes aufgesetzt zum Zei­chen, daß sie in seine Gewalt überging, oder die Braut gab dem Bräutigam bei der Hochzeit einen Hut zum Zeichen, daß der Mann in der Ehe den Vorrang haben solle. In Schwaben trug an einigen Orten der Bräuti­gam am Hochzeitstag einen hohen Hut, den er den ganzen Tag aufbehielt, außer wenn er in die Kir­che ging. In den Redensarten wird dieser Zustand mit der Feststellung umrissen: Die Frau hat den Hut auf: Sie hat die Hosen an, d.Hut, sie verfügt über die Herrschaft in der Ehe. Der Dich­ter Friedrich Hagedorn (1708-54) berichtet darüber:

 

Der Mann ward, wie es sich gebühret,

Von seiner lieben Frau regieret,

Trotz seiner stolzen Männlichkeit!

Die Fromme herrschte nur gelinder!

Ihr blieb der Hut und ihm die Kinder.

 

Jedenfalls gilt der Hut auch im privaten Leben als ein Zeichen sozialen Prestiges und der Männ­lichkeit. Das Sprichwort sagt ›Ein Hut ist mehr als hundert Hauben‹, oder ebenso: ›Hut geht vor Haube‹. Eine alte Form der Einsprache gegen die Ehe war das Werfen des Hutes oder der Mütze. Wenn im Hanauischen bei einer Eheverkündigung von der Kanzel eine Frau Einsprache erheben wollte, mußte sie ihre Mütze abnehmen und in die Kirche werfen. Die Redensart ›'s Hüetl eini wer­fen‹ bedeutet: die Heirat rückgängig machen. Eines Hütchens (etwa wie man es noch als Würfelbe­cher benutzt finden kann) bedienten sich einst die Taschenspieler bei der Ausführung ihrer Kunst­stücke, weshalb sie Johann Fischart »blind­meuß und hütlinspiler« nennt. Das ›mit eim huetlin de­cken‹ von betrügerischen Kunstgriffen der Gaukler und Spielleute findet sich schon bei Walther von der Vogelweide (37,34):

 

genuoge hêrren sind gêllch den gouglaeren,

die behendeclîche kunnen triegen unde vaeren,

der spricht: ›sich her, waz ist under disem huote?‹

nu zucke in ûf, da stêt ein wilder valke in sînem muote.

Zuck ûf den huot, so stêt ein stolzer pfâwe drunder,

nu zucke in ûf, dâ stêt ein merwunder;

swie dicke daz geschicht, so ist ez ze jungest wan ein krâ.

 

Das Wort begegnet auch bei Luther und besonders in Murners ›Narrenbeschwörung‹ (55,3): »Sy kynnent under dem hütlin spilen«; und (55,19):

 

Der Herren untrüw ist zu vil,

Die nennent sy des hütlin spil.

Ach gott, wer der im pfeffer landt,

Der das spil zuerst erfand.

 

Daß diese ›Spieler‹ die zur Täuschung bestimmten Sachen mit dem Hute, der ja auch bei heutigen ›Zauberern‹ noch seine Rolle spielt, zudeckten, erhellt aus

 

Murners ›Narrenbeschwörung‹ (67,17):

 

Wie wol sy es alles anders nenten

Und kynnents mit eim hütlin decken,

Das nit die wucher zen (Zähne)

erblecken (sichtbar werden).

 

Die im 16. Jahrhundert sehr gebräuchliche Redensart unterm Hütlein spielen: betrügen, findet sich auch bei Luther. Abraham a Sancta Clara schreibt (›Judas‹ I,45): »Du wirst zu Hof sehen lauter Hu­ter, aber nur solche, die unter dem Hütel wissen meisterlich zu spielen«. Ähnlich altbairisch: »ein Richter, der das recht verkürzt und ein hütlein darüber stürzt«; etwas abweichend: »wenn man einen armen das recht verquent und im ein hütlein für die augen went«. Eine andere Deutung versucht G. Jungbauer im Handbuch des Aberglaubens: Danach war der Hut auch ein Sinnbild der Übertragung von Gut und Lehen. Der Übertragende oder an seiner Statt der Richter pflegte den Hut zu halten, der Erwerbende hineinzugreifen oder einen Halm hineinzuwerfen. Das ›Greifen in den Hut‹ scheint aber noch früher auch den Sinn des Verschwörens gehabt zu haben. Die miteinander ›in den Hut griffen‹, verschworen sich zusammen. Daher entspricht auch die Redensart ›Unter dem Hütlein spielen‹ dem lateinischen ›conspirare inter se‹.

Sich etwas an den Hut stecken können: etwas aufgeben müssen; auf etwas keinen Wert legen.

Das kannst du dir auf den Hut stecken!: das kannst du behalten, Ausdruck einer groben Abwei­sung. Die erst seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhundert aufgekommene Redensart kommt vermut­lich von der Sitte der zum Militärdienst ausgemusterten jungen Leute, sich Papierblumen auf den Hut zu stecken.

Andererseits spielt der mit Bändern, Liebeszeichen, Trophäen, Erinnerungsstücken besteckte Hut im älteren Festbrauchtum schon eine weiter zurückreichende Rolle, wofür literarisch Zeugnisse sprechen:

Wilhelm Hauff (1802-1827) erzählt:

 

Als ich zur Fahne fortgemüßt,

Hat sie so herzlich mich geküßt,

Mit Bändern meinen Hut geschmückt.

 

Ähnl. schon bei Joh. Heinrich Voss (1751-1826):

 

Mit Eichenlaub den Hut bekränzt!

Wohlauf und trinkt den Wein!

 

Ebenso auch bei Ludwig Uhland:

 

Wohl jauchzen die andern und schwingen die Hüt',

Viel Bänder daraufund viel edle Blüt'.

 

Bezeichnend ist auch, wie einer den Hut aufsitzen hat. Daraus, wie ein Hut getragen wird, kann man auf die Gesinnung des Trägers schließen: »Wie einem der Hut stehet, so stehet ihm auch der Kopff« (Lehmann,429,10). Wer ein schlechtes Gewissen hat und sich nicht sehen lassen will, Zieht den Hut tief ins Gesicht; vgl. französisch ›Il rabat son chapeau sur ses yeux‹.

Den Hut nach dem Wind rücken: Den Mantel nach dem Wind kehren; vgl. französisch ›retourner sa veste‹ (wörtlich: seine Jacke umkrempeln): seine Meinung den Verhältnissen anpas­sen; Den Hut nicht recht aufgesetzt haben: einen kleinen Formfehler begangen haben. Den Hut auf elf (halb acht, halb zwölf, halb dreizehn) setzen (aufhaben): etwas getrunken haben. ›Dem steit de Haut op halwer achte‹ sagt man in Westfalen von einem Betrunkenen; in gleicher Bedeutung ober­sächsisch ›Den Hut schief aufhaben, auf dem Ohre, auf der Dammichseite sitzen haben‹.

Da geht einem der Hut hoch ist eine junge Redensart zur Bezeichnung großen Erstaunens (in ähnlichem Sinne wie: ›Da platzt einem der Kragen‹).

Die Redensart ›Da geht einem der Hut hoch‹ mag ihren Ursprung in den Charly-Chaplin-Filmen haben. Dem Hauptdarsteller ging immer der Hut hoch, wenn sich ihm die Haare sträubten, wenn sie ihm zu Berge standen. Sie nährt sich aber auch von dem Doppelsinn (Hut = Kopf) im Erotischen. Beim Erblicken eines hübschen, anziehenden Mädchens: »Da geht einem ja der Hut hoch«. Vgl. den bekannten Schlager (Ilse Werner):

 

Wir machen Musik,

Da geht uns der Hut hoch...

 

In einem Lobgesang auf die Kunst der Leineweber aus dem 17./18. Jahrhundert findet sich die Auf­forderung:

 

Setzt den Hut frei nach der Seiten!

Fragt, wo ist das beste Bier?

 

Ein Böhmerwälder Volkslied bringt diese verschiedenen Möglichkeiten, den Hut aufzusetzen, in an­schauliche Verse:

 

Und wann i mai Hüaterl grad aufsitzen hab,

Da woas 's schon a jeder ganz gwiß:

Da bin i net freundli, da bin i net grob,

Grad daß mir halt alles oans is.

Und wann i mai Hüaterl am Ohr sitzen han

Und juchez hellauf über d'Höh:

Da wissen's die Deandla weit und broat schon,

Dass i heut no fensterlen geh'.

Aber hab i mai Hüaterl ins Gsicht einizogen,

Gottswilln fangts mit mir nix an!

I tua's a mit zwoa Dutzat Buama glei wagn

Und hauat in Teufl davon.

Doch wann i amol stirb, gelts, dös oani tuats ma no,

Dös Hüaterl, dös grabts aa mit ein!

Dann halt i's in Händn und klopf halt drobn an,

Liaba Petrus, mach auf, lass mi ein.

 

Mit jemandem etwas am Hut haben: mit ihm planen, zusammen mit ihm etwas vorhaben. Dage­gen: Mit jemandem nichts am Hut haben: ihn nicht mögen, ihm aus dem Wege gehen.

Seinen Hut in den Ring werfen: jemanden herausfordern.

Seinen Hut an den Nagel hängen: seinen Beruf aufgeben.

Den Hut nehmen: von seinem Amt zurücktreten. Auch bei dieser Redensart handelt es sich um ein altbekanntes Bild: wer den Hut nimmt, kündigt seinen Abschied an. ›Etwas nicht aus dem Hut hervorzaubern können‹: es nicht aus dem Nichts herholen können. Die Wendung läßt an die bekann­ten Kunststückchen der Zauberer denken, die einen Vogel oder ein Kaninchen aus dem Hut zaubern.


 

Dann zum WÖRTERBUCH DER GEBRÜDER GRIMM

HUT [Lfg. 10,10], m. pileus. ahd. mhd. huot; niederl. hoed; dem altnord. fehlt das wort, dafür erscheint ein mit ihm wurzelhaft wol kaum verwandtes hattr, was in schwed. hatt, dän. hat fortlebt; das angels. kennt sowol hôd als hät in der bedeutung pileus, ebenso engl. hood und hat, nur dasz das erstere der ungewöhnlichere ausdruck, die bezeichnung für doctorhut, kappe, das letztere das wort des gewöhnlichen lebens ist; fries. steht hôd und das seltenere hat in völlig gleicher verwendung. – Die eigentliche bedeutung von hut ist jedenfalls nur die allgemeine decke, schutz, das wort scheint, wie das folgende und das verbum hüten, zurückzuführen auf eine wurzel skad, sanskr. chad, mit verlust des anlautes und mit derselben mangelnden lautverschiebung des auslautenden consonanten, den auch das gleicher wurzel entstammende, aber anlautend vollständig gebliebene goth. skadu-s schatten zeigt.

hut ist kopftracht beider geschlechter, wird auch in freierem sinne verwendet. [Abschnitt reduzieren]

1) hut, als männliche kopfbedeckung.

a) form, stoff und farbe des hutes werden näher bestimmt: hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut; ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus STEINBACH [10,1979] 1, 797; hut von filz, seide, stroh; den hut (des hohenpriesters) von weiszer seiden. 2 Mos. 39, 28; nam er ein filzen hůt. Aimon v 4b;


 

ich hab ein hůt,

ist plab, der tůt mich frewen. HLAND volksl. 644;


 

der erste, der mit kluger hand

der männer schmuck, den hut, erfand,

trug seinen hut unaufgeschlagen;

die krempen hiengen flach herab. GELLERT 1, 9;


 

der hut wird geschmückt, staffiert (fertig gemacht durch ausputzen), vergl. hutschmücker, hutstaffierer; er ist mit tressen, band oder federn versehen: da brachte man mir ein weiszes hemd, schuhe und strümpfe samt einem überschlag oder kragen, auch hut HUT [Lfg. 10,10], m. pileus. ahd. mhd. huot; niederl. hoed; dem altnord. fehlt das wort, dafür er­scheint ein mit ihm wurzelhaft wol kaum verwandtes hattr, was in schwed. hatt, dän. hat fortlebt; das angels. kennt sowol hôd als hät in der bedeutung pileus, ebenso engl. hood und hat, nur dasz das erstere der ungewöhnlichere ausdruck, die bezeichnung für doctorhut, kappe, das letztere das wort des gewöhnlichen lebens ist ...[weiter]

hut, als männliche kopfbedeckung.

orm, stoff und farbe des hutes werden näher bestimmt: hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut; ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus STEINBACH [10,1979] 1, 797; hut von filz, seide, stroh; den hut (des hohenpriesters) von weiszer seiden. 2 Mos. 39, 28; nam er ein filzen hůt. Aimon v 4b;

HUT, der träger des hutes, der mann, wie franz. chapeau (LITTRÉ 1, 555c), und vielleicht daher erst entlehnt: denken denn [10,1982] die herren hüte, dasz die damen nicht auch wein trinken wollen? LESSING 2, 545;

der hut ist von alters her zeichen des adels und der freiheit, die edeln werden in den frühlateinischen quellen des mittelalters pileati genannt, vgl. die nachweise bei GRIMM rechtsalt. 271. der ein lehen übertragende reichte seinen hut dem lehenempfänger zum be­rühren hin (a. a. o. 148. HALTAUS 983), zum zeichen, dasz ein theil von jenes rechten auf diesen übergieng. daher der hut symbol der …

durch das abnehmen des hutes bekennt man sich daher als diener jemandes, eine sitte die ursprünglich nur von dem niedern gegen den höher stehenden geübt werden konnte.


 

Befragt wirdnun : WANDER: DEUTSCHES SPRICHWÖRTER-LEXIKON

Hut (der).

 

1. Alte Hüte lieben das Grüssen nicht.

 

2. An dem Hut der Flor bracht' ihn wieder empor.

Der Tod seiner Frau verbesserte seine Vermögensverhältnisse.

 

3. Besser den Hut verloren als den Kopf.

Nach dem Klosterspiegel (48, 4) verlor der Ritter La Barre im Jahre 1766, weil er bei einer Kapuzi­nerprocession vorübergegangen, ohne den Hut zu ziehen, den Kopf; er wurde infolge dessen ent­hauptet.

 

4. Besser den Hut ziehen als den Beutel.

It.: Piuttosto cappello in mano, che mano alla borsa. (Bohn I, 121.)

 

5. Den Hut schlägt man, und den Kopf meint man.

 

6. Der Hut in der Hand kost't nichts und hilft durchs Land.

 

7. Der Hut will klüger sein als der Kopf.

Die Russen behaupten, es sei dies oft der Fall.

 

8. Dreieckiger Hut, dreifache Versicherung.

»Die gewohnte Tracht ziert den Bauersmann am besten und ist auch die nützlichste, weil sie nicht aus der Mode kommt. Dreieckiger Hut, dreifache Versicherung hat ehemals bei uns gegolten.« (B. Auerbach, Schwarzwälder Dorfgeschichten, IV, 45.)

 

9. Ein Hut des Jahrs mehr nach Gebühr, ein Buch oder zweie weiss Papier, und dann biswei­len ein Glas Wein macht manchen guter Freunde sein.

Frz.: Un bonnet par an plus ou moins, de papier blanc une ou deux mains, et parfois un verre de vin font acquerir des amis maints. (Kritzinger, 78a.)

 

10. Ein Hut ist mehr als hundert Hauben.Winckler, VII, 74.

 

11. Ein Hut mehr des Jahres unterhält viel Freundschaft.

Holl.: Een hoed meer in het jaar onderhoudt veel vriendschap. (Harrebomée, I, 309.)

 

12. Ein Hut passt nicht auf alle Köpfe.

 

13. Einen neuen Hut zieht man gern.Altmann VI, 421.

 

14. Einen newen Hut hengt man an einen newen Hacken.

Die Russen: Ein neuer Hut wird an den Pflock gehängt, ein alter in die Ecke geworfen.

 

15. Es war noch kein Hut so heilig, der Teufel hat seinen Kopf hineingesteckt.

Holl.: Daar was nooit kop zoo heilig of de duivel krijgt er zijn hoofd wel in. (Bohn I, 302.)

 

16. Für jeden Hut gibt's einen Kopf.

 

17. Geschwinde zum Hut und langsam zum Beutel.

Dän.: Hav hovedet aapent, men pungen lukt. Hurtig til hatten, og seen til pungen, giør ingen skade.

 

18. Ham mut a Hud egh laft, iar'm a Mâ sjocht. (Amrum.)

Man muss den Hut nicht lüften (heben), ehe man den Mann sieht. Es geschieht dies aber sehr häu­fig. Die Dänen behaupten zwar, man ziehe den Hut mehr vor dem Rock als vor dem Manne.

Dän.: Man tager meere hatten af for klederne end for personen.


 

19. Hi sjogt am a Hud an hê'n sallew üüb't Haad. (Amrum.)

Er sucht nach dem Hute und hat ihn selbst auf dem Kopfe.

 

20. Huot as half Suot.

 

21. Hut ab, sagte der Wind zum Quäker.

Engl.: I insist on your taking your hat off as the high wind said to the Quaker.

 

22. Hut bei Schleier und Schleier bei Hut.

Dies auf das Erbrecht zwischen Ehegatten sich beziehende Sprichwort hat in einem Gebrau­che, der früher in einigen Gegenden beobachtet wurde, seinen Grund. Wenn nämlich Braut und Bräutigam vor dem Altar standen, um ihr Ehebündniss von dem Geistlichen einsegnen zu lassen, legte der Bräutigam seinen Hut auf den Altar und die Braut ihren Schleier daneben. Dies hiess sich verheirat­hen; Hut bei Schleier und Schleier bei Hut, wodurch angezeigt werden sollte, dass wenn die Ehe kinderlos bliebe, der Ueberlebende den Verstorbenen allein beerben solle. So wie Lanze oder Schwert den Mann, und Spille oder Spindel das Weib bezeichnet, so geschieht es hier durch Hut und Schleier. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 148.)

 

23. Hut geht vor Haube.

It.: Val più una beretta che cento scuffie.

 

24. Hut in der Hand hilft durchs ganze Land.

Dän.: Gode ord i munden og hat i haanden koster intet, men gav ner folk og land.

 

25. Hut vnd Mantel trawren allzeit, das Hertz wirds selten gewahr.

 

26. Mag der Hut zum Teufel gehn, bleibt der Kopf nur stehn.

Die Russen: Den Hut mag man verlieren, wenn man nur den Kopf nicht verliert.

 

27. Man kann den Hut oft abnehmen, eh' das Schild bricht.

Höflichkeit und Bescheidenheit kosten nicht viel.

 

28. Man muss den Hut nicht eher abnehmen, bis man gegrüsst wird.

Wird angewandt, wenn einer dem andern in die Rede fällt.

Holl.: Men moet zijn' hoed niet afnemen, voor men gegroet wordt.

 

29. Man mut nich eer den Hoed afnämen, bet man 'n Kerl süüt.

 

30. Man schlegt den Hut vnd meint den Kopff.

 

31. Mein Hut, sagte der Doctor, kostet dem Vater das Gut.

 

33. Mit dem Hut in der Hand kommt man weiter als mit dem Hut auf dem Kopfe.

 

34. Mit dem Hute in der Hand kommt man durchs ganze Land.

Das Hutabnehmen gilt als das äussere Zeichen der innern Achtung, doch hat man schon wiederhol­entlich und vielseitig gegen die mit Unbequemlichkeit verbundene Sitte angekämpft, auch schon Vereine gegen das Hutabnehmen gegründet. Der Sinn des Sprichworts ist: Höflichkeit, die nicht in Schmeichelei und Kriecherei ausartet, empfiehlt überall.

Engl.: A man's hat in his hand never did him any harm.

Frz.: Courtois de bouche, main au bonnet, peu coûte et bon est. Pondre fine chasse plus loin que la grosse.

Holl.: Met den hoed in de hand komt men door het gansche land.

It.: Beretta in mano non fece mai danno. Cortesia di bocca, mano al capello poco costa ed è buono e bello.

 

35. Schnell zum Hut ist oft gut.

Dän.: Det er tid at tage hatten af, naar man seer manden. Snart til hat og seen til pung hielper frem saa mangen ung.

Holl.: Ras ter hoed doet veel goed.

 

36. Sieh dir den Hut an, den ich trage, ehe du um meinen alten bittest. (Surinam.)

Was soll ich dir geben, da ich selbst nichts habe.

 

37. So mancherley Hüte, so mancherley Narren.

 

38. Uemmer mit'n Hot as Silk (Cäcilie) Reddersch, harr'n Hot ümmer bî't Eten ophatt.

 

39. Unter einem runden Hut schmeckt der Kuss noch mal so gut.

 

40. Unter einem schlechten (schlichten, groben) Hut steckt oft ein gescheiter Kopf.

Frz.: Sous le chapeau d'un paysan pent se trouver le conseil d'un prince.

Lat.: Non est magna domus; quid tum? sub paupere tecto saepe etiam virtus ingeniosa latet. (

 

41. Us em ärm Hôt es mänche reche Gedanke kumm. (Bedburg.)

 

42. Wann der Hut zu stoltzieren anfangt, so duncket sich Kappen auch kein Narr zseyn, wei­len sie in gleicher Hochheit, die Läuss- Hütter-Stelle vertritt.

 

43. Was hilffts, dass man den Hut hette, wann der Kopf ab ist.

It.: Rotta la testa, si mette la celata.

 

44. Wenn der Hut anfängt zu stolziren, will auch die Kappe kein Narr mehr sein.

 

45. Wenn ich den Hut aufhebe, so bekomm' ich Schläge, lass' ich ihn liegen, so heiss' ich träge (oder: so bekomm' ich Prügel).

It.: Peribo si non fecero; si faxo vapulabo. (Gaal, 950.)

 

46. Wenn man ein Jahr lang vor einem den Hut abgezogen, so weiss man, was hinter ihm ist.

 

47. Wenn't Höd (Hüte) rägent, mi fel (fällt) ken uppen Kopp. (Strelitz.)

 

48. Wer auf den Hut wartet, den er erben soll, kann sein Lebtag barhaupt gehen.

 

49. Wer den Hut abzieht, hat kleine Mühe und gewinnt grosse Gunst.

 

50. Wer einen Hut von Spanischen Fliegen trägt, hat immer Blasen auf dem Kopfe.

 

51. Wer einen zu grossen Hut auffsetzt, dem felt er in die Augen.

 

52. Wie einem der Hut stehet, so stehet ihm auch der Kopff.

Oft kann man vom Aeussern aufs Innere schliessen; aber man kann sich damit auch arg täu­schen.

 

53. Wie mir der Hut steht, so steht mir der Kopf, sagte der Hanswurst.

Holl.: Zoo mij de hoed staat, staat mij het hoofd, zei de dwaas.

 

54. Wo Haut is, gellet keine Müske. (Westf.)

Vom Vorrecht der Männer.

Holl.: Waar hoeden zijn, gelden geene mutsen.

 

55. Wo Hüte sind, bezahlen keine Hauben.

Holl.: Waar hoeden zijn, betalen geene mutsen.

 

56. Alles unter Einen Hut bringen (oder: bringen wollen).

Alle Meinungen und verschiedene Ansichten vereinigen.

 

57. Das fallt in den bordirten Hut. (OberösterreicHut)

 

58. Dat kannst du oppen Haut stecken. (Sauerland.)

 

59. Dem hät et ongen den Hut gerähnt. (Bedburg.)

Er hat zu viel getrunken. Dafür hat man in Bedburg auch die Redensarten: Dä ess em Thron. Dä ess em Düssel. Hä ess knüll. Hä ess em Stivvel. Hä hät gätt vil DurscHut Dat ess en Spöltonn.

 

60. Den gelben Hut tragen müssen.

Eine Strafe für den bankrott gewordenen Kaufmann. Wer zum »gelben Hut« verurtheilt war, der musste laut eines Rathsbeschlusses vom Jahre 1581 (Frankfurt a.M.) sammt seiner Familie ge­ringer gekleidet gehen als die übrigen Bürger und jedes öffentlichen Verkehrs mit ehrlichen Leuten sich enthalten bei Gefängnissstrafe; auch war er unfähig zu städtischen Aemtern, also aus der Gesells­chaft ausgestossen und politisch todt. Aus besonderer Huld überliess man einem solchen die Wahl zwischen drei Strafen: entweder dreimal zwei Stunden am Halseisen stehen oder lebenslang einen gelben Hut tragen, oder auf immer im Schuldthurm sitzen.

 

61. Den Haut iut den Augen setten können. (Büren.)

Ein gutes Gewissen haben.

 

62. Den Hut auf elf setzen.Eiselein, 339.

In Steiermark sagt man: Den Hut auf halber zwölf aufsetzen (oder aufhaben), d.Hut schief; meist um einen Rausch zu bezeichnen.

 

63. Den Hut aufs linke Ohr setzen.Eiselein, 339.

Lat.: Omnia susque deque habere. (Eiselein, 339.)

 

64. Den Hut in der Hand, den Filz im Herzen.

 

65. Den Hut nach dem Winde rücken (drücken, setzen, halten). (S. ð Mantel.)

Mhd.: Wann frawen haben kurtzen muot vnd wenden dick den huot nâch dem wind her vnd dar.

 

66. Den Hut vor jemand abnehmen.

Ausdruck der Achtung. Die Römer sagten: die Fasces vor jemand sinken lassen, um auszu­drücken, dass sie ihm den Vorrang über sich einräumten. Die Redensart stammt daher, dass, wenn zwei Ma­gistratspersonen unter dem Vorausgang von Lictoren mit den Fasces auf der Strasse einan­der begeg­neten, die Lictoren der Magistratspersonen niedern Ranges ihre Fasces etwas mussten sin­ken lassen. Ein Dictator konnte 24, ein Consul 12 und ein Prätor 6 Lictoren mit Fasces vor sich hergeh­en lassen. Die Redensart ist verwandt mit unsern Ausdrücken: die Fahne oder den Degen sen­ken, das Gewehr präsentiren. (Faselius, 85.)

Lat.: Fasces submittere alicui. (Faselius, 85.)

 

67. Den rothen Hut bekommen.

Frz.: On lui a fait porter le chapeau rouge.

 

68. Der Hut gehört nicht auf einen solchen Kopf.

 

69. Eam sittet de Haut op Vivat, äs wann de Buer en Föer Weiten verkowt heat. (Westf.)

 

70. Einem den Hut drehen.

»Sie würden sich unterfangen, mir den Hut zu trähen und den Kuntzen mit mir zu spielen.« (Grim­melshausen, Springinsfeld.)

 

71. Ein steit de Haut op halwer Achte. (Büren.)

Hat stark getrunken.

 

72. Er darff für menniglich den Hut ab den Augen ziehen.

 

73. Er gibt den Hut um einen Rock.

 

74. Er hat den Hut auf tausend Thaler gesetzt.

D.Hut schief.

Frz.: Il a mis son bonnet de travers.

 

75. Er hat den Hut nicht recht aufgesetzt.

Von einem kleinen Versehen, einem Formfehler.

 

76. Er (es) hat ihm den Hut verrückt.

 

77. Er ist nicht wohl unter dem Hut verwahrt.

 

78. Er nimmt den Hut vor jedem Laternenpfahl ab.

 

79. Er kann seinen Hut drehen, wohin er will.

 

80. Er trägt den preussischen Hut.

Hat eine stolze Haltung. Von dem, nach Jahn, den Preussen eigenen Stolz und Selbstgefühl. (Vgl.

 

81. Er trägt einen geborgten Hut.

Steckt in Schulden über Kopf und Ohren.

 

82. Es ist ihm unter dem Hute nicht richtig. (Nürtingen.)

Lat.: Naviget Anticyram. (Horaz.)

 

83. Es verrückt ihm den Hut.

 

84. He het ên to väl ünder den Hot.

Hat zu viel getrunken.

 

85. He kann de Hot ut den Ogen sett'n.Eichwald, 1423.

 

86. Man muss den Hut vor ihm abnehmen.

Holl.: Daar moet hij den hoed voor afnemen. – Men moet den hoed voor hem afnemen.

 

87. Sein Hut hängt die Flügel wie ein abgestossenes Schwalbennest.Parömiakon, 404.

Wer in Verlegenheit, besonders in Geldverlegenheit, und dessen Muth von der Noth gelähmt wor­den ist.

 

88. Sein Hut sitzt, als trüg' er ein Vogelnest darunter.

 

89. Si stack'n unter ên Huat. (Franken.)

Sie haben gemeinschaftliche Sache, mit schlimmen Nebenbegriffen.

Frz.: Ce sont deux têtes dans un bonnet. (Lendroy, 188.)

 

90. Unter dem Hute nicht wohl verwahrt sein. (S. ð Hütlein 3.)

 

91. Unter dem Hute spielen.Parömiakon, 1703.

 

92. Unter Einem Hute stecken.

 

93. Vor dem nehm' ich den Hut nicht ab.

 

94. Wat uppen Hëut steaken. (Driburg.)

Etwas hinnehmen, sich gefallen lassen.

 

95. Der Hut macht nicht den Doctor.

It.: Il berretto non fa il dottore. (Giani, 4.)

 

96. Es schicket sich nicht ein jeder Hut auf jeden Kopf, vnd nicht jede Speiss in jeden Hafen.

 

97. Hättstu ein solchen Hut, der für Untreue wäre gut, oder für den Tod ein Schwert, du wärst allen Reichthumb wertHut

 

98. Er gukt in den Hut. (Köthen.)

D.h er wird übergangen, bekommt nichts.

 

99. Nu halt mir einer den Hut!

 

Befragt wird jetzt: RÖHRICH: LEXIKON DER SPRICHWÖRTLICHEN REDENSARTEN

 

Hut (der).


 

Kulturgeschichtlich bedeutsam sind die Funktionen der Kopfbedeckung und die Bedeutung, die man ihr beimißt, sowie auch die Werte und Glaubensvorstellungen, die sich mit ihr verbinden. Mit der Kopfbedeckung kann vieles ausgedrückt werden: die soziale Stellung, das Amt, das Alter, das Geschlecht, die Religionszugehörigkeit, ja sogar die Gefühle von Freude und Schmerz (Wildhaber).

 

Aus diesem unbewiesnen Grunde

Hat alle Zeit und jedes Land

Witz, Vorrecht, Herrschaft, Ruhm und Freiheit

Allein dem Hute zuerkannt.

(Joh. Christian Günther,1695-1723).

 

Der Hut vertritt gewissermaßen die ganze Person, wie z.B. in den Sprichwörtern und Redensarten: ›Sieh dir den Hut an, den ich trage, ehe du um meinen alten bittest‹, d.h, was soll ich dir geben, da ich selbst nichts habe. Einen geborgten Hut tragen: in Schulden stecken. Der Hut gehört nicht auf einen solchen Kopf: was er sich anmaßt, steht ihm nicht zu.

Jemandem eins auf den Hut geben, derber Einem auf den Hut spucken: ihn zurechtweisen; Eins auf den Hut kriegen: getadelt werden. Hut steht in diesen Wendungen bildlich für ›Kopf‹, wie auch Lehmann S. 201 anführt: »Man schlägt den Hut und meint den Kopf«; vgl. ›Eins auf den Deckel kriegen‹; ›Ei­nem auf den Deckel spucken‹ usw.

Nicht richtig unterm Hut sein: geistesgestört, verrückt, nicht recht bei Verstand sein; vgl. franzö­sisch ›travailler du chapeau‹. Ähnlich: ›Er hat e Naturfehler unterm Hut‹.

Ein aIter Hut: eine altbekannte Tatsache, Langgewohntes; Bekanntes, als Neuigkeit vorgebracht; ein veralteter Witz. Etwas aus dem Hut machen: etwas improvisieren. ›Das kannst du einem erzäh­len, der den Hut mit der Gabel aufsetzt‹, das erzähle einem Dummen, aber nicht mir.

Im Rechtsbrauchtum hat der Hut eine wichtige Stellung. Er ist ein Wahrzeichen der Herrschaft, ist Feld- und Hoheitszeichen. Daß der Hut schon in früher Zeit das Zeichen und Vorrecht des freien Mannes war, wissen wir. Es trugen ihn die Könige, die Adeligen und die Priester, und so war er zu­nächst ein Rang- und Standesabzeichen. Für den Hut als Symbol der Herrschaft ist der Geßlerhut das kennzeichnendste Beispiel geworden. In seinem ›Chronicon Helveticum‹ berichtet der Schwei­zer Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi (1505-72): Der Landvogt Gessler »ließ umb S. Jacobstag zu Altdorff am Platz bi den Linden / da mengklich für gon mußt / ein Stangen uffrichten / und ein Hut oben druff legen / und ließ gebieten mengklichen / im Land wonhafft / bi Verlierung des Guts und einer Lib-Straff / daß jeder so da fürgienge / sölte mit Neigen und Paret abziehen Eer und Re­verentz bewisen / als ob der Künig selbs / oder Er an siner statt persönlich da wäre / und hat dabi ein stäten Wächter und Hüter bi Tag Zit sitzende / uffzesechen / und die anzegeben / die dem Gebott nit statt tättind«.

Das Hutabnehmen gilt nach alter Auffassung als Zeichen der Lehenshuldigung. Der Hutgruß ist also ursprünglich Demütigung des Untergebenen. Es gilt als besonderes Vorrecht, den Hut in Ge­genwart des Herrschers aufbehalten zu dürfen.

 

Schiller in ›Piccolomini‹ (IV,5):

Des Menschen Zierat ist der Hut, denn wer

Den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaiser

Und Königen, der ist kein Mann der Freiheit.

 

Schiller denkt hier an das wohlverbriefte Recht mittelalterlich Adliger, bedeckten Hauptes vor ihren Fürsten zu erscheinen. Die Sitte des Hutabnehmens beim Gruß blickt auf ein relativjunges Alter zu­rück. Der älteste Beleg scheint eine Stelle im ›Wigalois‹ des Wirnt von Grafenberg aus dem Jahre 1204 zu sein, in der es von der Begegnung zwischen einem Edelknaben und einem Junker heißt (41,12):

 

Und als er im so nahen quam,

sinen huot er abe nam;

hie mit êret er in also

der junkherre gruozt in do.

 

R. Hildebrand hat das Aufkommen dieser Grußsitte aus dem höfischen Brauchtum des Mittelalters abgeleitet, wonach der Lehensmann bei seinem Lehensherrn die Rüstung und Wehr, also auch den Helm, abzulegen hatte. In der bürgerlichen Kultur des ausgehenden Mittelalters wurde diese ur­sprünglich kriegerische Helmsitte auf den friedlichen Filzhut übertragen. Mit diesem höfisch-ritter­lichen Brauchtumselement verband sich aber doch wohl noch eine religiös-kultische Forderung, die bereits biblisch vom Apostel Paulus folgendermaßen formuliert worden war (1 Kor 11,4): »Ein jeg­licher Mann, der da betet oder weissagt und hat etwas auf dem Haupt, der schändet sein Haupt« und (1 Kor 11,7): »Der Mann aber soll das Haupt beim Beten nicht bedecken, sintemal er ist Gottes Bild und Ehre«. Das Ablegen von Hut, Handschuhen und Mantel wird schon um 1270 von Konrad von Haslau in seinem ›Jüngling‹ als Höflichkeit empfohlen; von einem jungen Mann ohne Bildung heißt es dort:

 

Handschuoh, swert, mantel, huot

treit er bî den gesten und bî kunden ...

ez waer im êrsam unde guot,

züg er abe mantel unde huot.

 

Das Abnehmen des Hutes schwächte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer reinen Höflichkeitsbe­zeigung ab. Durch Ziehen des Hutes grüßte man bald nicht nur den Vorgesetzten, sondern auch den Gleichgestellten, und schließlich dankt man auf diese Weise sogar für den Gruß des Untergebenen. Das Sprichwort rühmt den stets Grußbereiten: ›Hut in der Hand, hilft durchs ganze Land‹; ›Mit dem Hut in der Hand kommt man weiter als mit dem Hut auf dem Kopf‹. JoHut Balthasar Schuppius faßt die Volksmeinung bereits 1684 in die Worte zusammen: »Gute Worte im Mund und den Hut in der Hand, das kostet kein Geld und bringet einen ehrlichen Kerl oft sehr weit«. Wie be­reits im 17. Jahrhundert, so rät auch heute noch das Sprichwort ›Greif geschwind zum Hut und langsam zum Beutel‹. Er hat Vögel unterm Hut sagt man spöttisch von einem, der zu faul oder zu tölpelhaft ist, durch Abnehmen des Hutes zu grüßen; öfter noch: Er hat Spatzen, Sperlinge, Schwal­ben unterm Hut (erst aus dem 17. Jahrhundert belegt).

Man muß den Hut vor ihm abnehmen, ebenso Hut ab!: man muß Respekt, Achtung vor ihm ha­ben; vgl. französisch ›On peut lui tirer son chapeau‹ und ›Chapeau bas‹ oder umgangssprachlich ›Chapeau‹

Vor dem nehm' ich den Hut nicht ab!: ich habe keine Achtung vor ihm. Andererseits warnt die sprichwörtliche Redensart, Den Hut vor jedem Laternenpfahl abzunehmen: allzu unterwürfig zu sein.

(Alles) unter einen Hut bringen (wollen): alle Meinungen und verschiedene Ansichten zu vereini­gen suchen; Unter einen Hut kommen: einig werden. Man braucht hier Hut nicht als bildliche Be­zeichnung für ›Herrschaft‹ aufzufassen (wie es der von Geßler im ›Tell‹ aufgesteckte Hut ist und wie dies von hier aus wohl auch in den Sprachgebrauch des 19. Jahrhunderts eingegangen ist; z.B. H. v. Treitschke: ›Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert‹, II, 376: »Die bigotten Kurtrierer kam es hart an, dass sie mit den protestantischen Katzenellenbogern unter einen Hut gerieten«). Hut ist hier ein Bild für die gemeinsame Zusammenfassung vieler Köpfe; ähnlich wie es schon in Wolf­rams von Eschenbach ›Willehalm‹ (29,10) zur Bezeichnung einer geringen Anzahl von Streitern heißt:

 

die der marcgrâfe fuorte,

die möht ein huot verdecken.

 

Wie im öffentlichen Leben, so war der Hut auch in der Ehe ein Wahrzeichen der Herrschaft. Im äl­teren Hochzeitsbrauchtum bekam die Braut gelegentlich den Hut des Mannes aufgesetzt zum Zei­chen, daß sie in seine Gewalt überging, oder die Braut gab dem Bräutigam bei der Hochzeit einen Hut zum Zeichen, daß der Mann in der Ehe den Vorrang haben solle. In Schwaben trug an einigen Orten der Bräuti­gam am Hochzeitstag einen hohen Hut, den er den ganzen Tag aufbehielt, außer wenn er in die Kir­che ging. In den Redensarten wird dieser Zustand mit der Feststellung umrissen: Die Frau hat den Hut auf: Sie hat die Hosen an, d.Hut, sie verfügt über die Herrschaft in der Ehe. Der Dich­ter Friedrich Hagedorn (1708-54) berichtet darüber:

 

Der Mann ward, wie es sich gebühret,

Von seiner lieben Frau regieret,

Trotz seiner stolzen Männlichkeit!

Die Fromme herrschte nur gelinder!

Ihr blieb der Hut und ihm die Kinder.

 

Jedenfalls gilt der Hut auch im privaten Leben als ein Zeichen sozialen Prestiges und der Männ­lichkeit. Das Sprichwort sagt ›Ein Hut ist mehr als hundert Hauben‹, oder ebenso: ›Hut geht vor Haube‹. Eine alte Form der Einsprache gegen die Ehe war das Werfen des Hutes oder der Mütze. Wenn im Hanauischen bei einer Eheverkündigung von der Kanzel eine Frau Einsprache erheben wollte, mußte sie ihre Mütze abnehmen und in die Kirche werfen. Die Redensart ›'s Hüetl eini wer­fen‹ bedeutet: die Heirat rückgängig machen. Eines Hütchens (etwa wie man es noch als Würfelbe­cher benutzt finden kann) bedienten sich einst die Taschenspieler bei der Ausführung ihrer Kunst­stücke, weshalb sie Johann Fischart »blind­meuß und hütlinspiler« nennt. Das ›mit eim huetlin de­cken‹ von betrügerischen Kunstgriffen der Gaukler und Spielleute findet sich schon bei Walther von der Vogelweide (37,34):

 

genuoge hêrren sind gêllch den gouglaeren,

die behendeclîche kunnen triegen unde vaeren,

der spricht: ›sich her, waz ist under disem huote?‹

nu zucke in ûf, da stêt ein wilder valke in sînem muote.

Zuck ûf den huot, so stêt ein stolzer pfâwe drunder,

nu zucke in ûf, dâ stêt ein merwunder;

swie dicke daz geschicht, so ist ez ze jungest wan ein krâ.

 

Das Wort begegnet auch bei Luther und besonders in Murners ›Narrenbeschwörung‹ (55,3): »Sy kynnent under dem hütlin spilen«; und (55,19):

 

Der Herren untrüw ist zu vil,

Die nennent sy des hütlin spil.

Ach gott, wer der im pfeffer landt,

Der das spil zuerst erfand.

 

Daß diese ›Spieler‹ die zur Täuschung bestimmten Sachen mit dem Hute, der ja auch bei heutigen ›Zauberern‹ noch seine Rolle spielt, zudeckten, erhellt aus

 

Murners ›Narrenbeschwörung‹ (67,17):

 

Wie wol sy es alles anders nenten

Und kynnents mit eim hütlin decken,

Das nit die wucher zen (Zähne)

erblecken (sichtbar werden).

 

Die im 16. Jahrhundert sehr gebräuchliche Redensart unterm Hütlein spielen: betrügen, findet sich auch bei Luther. Abraham a Sancta Clara schreibt (›Judas‹ I,45): »Du wirst zu Hof sehen lauter Hu­ter, aber nur solche, die unter dem Hütel wissen meisterlich zu spielen«. Ähnlich altbairisch: »ein Richter, der das recht verkürzt und ein hütlein darüber stürzt«; etwas abweichend: »wenn man einen armen das recht verquent und im ein hütlein für die augen went«. Eine andere Deutung versucht G. Jungbauer im Handbuch des Aberglaubens: Danach war der Hut auch ein Sinnbild der Übertragung von Gut und Lehen. Der Übertragende oder an seiner Statt der Richter pflegte den Hut zu halten, der Erwerbende hineinzugreifen oder einen Halm hineinzuwerfen. Das ›Greifen in den Hut‹ scheint aber noch früher auch den Sinn des Verschwörens gehabt zu haben. Die miteinander ›in den Hut griffen‹, verschworen sich zusammen. Daher entspricht auch die Redensart ›Unter dem Hütlein spielen‹ dem lateinischen ›conspirare inter se‹.

Sich etwas an den Hut stecken können: etwas aufgeben müssen; auf etwas keinen Wert legen.

Das kannst du dir auf den Hut stecken!: das kannst du behalten, Ausdruck einer groben Abwei­sung. Die erst seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhundert aufgekommene Redensart kommt vermut­lich von der Sitte der zum Militärdienst ausgemusterten jungen Leute, sich Papierblumen auf den Hut zu stecken.

Andererseits spielt der mit Bändern, Liebeszeichen, Trophäen, Erinnerungsstücken besteckte Hut im älteren Festbrauchtum schon eine weiter zurückreichende Rolle, wofür literarisch Zeugnisse sprechen:

Wilhelm Hauff (1802-1827) erzählt:

 

Als ich zur Fahne fortgemüßt,

Hat sie so herzlich mich geküßt,

Mit Bändern meinen Hut geschmückt.

 

Ähnl. schon bei Joh. Heinrich Voss (1751-1826):

 

Mit Eichenlaub den Hut bekränzt!

Wohlauf und trinkt den Wein!

 

Ebenso auch bei Ludwig Uhland:

 

Wohl jauchzen die andern und schwingen die Hüt',

Viel Bänder daraufund viel edle Blüt'.

 

Bezeichnend ist auch, wie einer den Hut aufsitzen hat. Daraus, wie ein Hut getragen wird, kann man auf die Gesinnung des Trägers schließen: »Wie einem der Hut stehet, so stehet ihm auch der Kopff« (Lehmann,429,10). Wer ein schlechtes Gewissen hat und sich nicht sehen lassen will, Zieht den Hut tief ins Gesicht; vgl. französisch ›Il rabat son chapeau sur ses yeux‹.

Den Hut nach dem Wind rücken: Den Mantel nach dem Wind kehren; vgl. französisch ›retourner sa veste‹ (wörtlich: seine Jacke umkrempeln): seine Meinung den Verhältnissen anpas­sen; Den Hut nicht recht aufgesetzt haben: einen kleinen Formfehler begangen haben. Den Hut auf elf (halb acht, halb zwölf, halb dreizehn) setzen (aufhaben): etwas getrunken haben. ›Dem steit de Haut op halwer achte‹ sagt man in Westfalen von einem Betrunkenen; in gleicher Bedeutung ober­sächsisch ›Den Hut schief aufhaben, auf dem Ohre, auf der Dammichseite sitzen haben‹.

Da geht einem der Hut hoch ist eine junge Redensart zur Bezeichnung großen Erstaunens (in ähnlichem Sinne wie: ›Da platzt einem der Kragen‹).

Die Redensart ›Da geht einem der Hut hoch‹ mag ihren Ursprung in den Charly-Chaplin-Filmen haben. Dem Hauptdarsteller ging immer der Hut hoch, wenn sich ihm die Haare sträubten, wenn sie ihm zu Berge standen. Sie nährt sich aber auch von dem Doppelsinn (Hut = Kopf) im Erotischen. Beim Erblicken eines hübschen, anziehenden Mädchens: »Da geht einem ja der Hut hoch«. Vgl. den bekannten Schlager (Ilse Werner):

 

Wir machen Musik,

Da geht uns der Hut hoch...

 

In einem Lobgesang auf die Kunst der Leineweber aus dem 17./18. Jahrhundert findet sich die Auf­forderung:

 

Setzt den Hut frei nach der Seiten!

Fragt, wo ist das beste Bier?

 

Ein Böhmerwälder Volkslied bringt diese verschiedenen Möglichkeiten, den Hut aufzusetzen, in an­schauliche Verse:

 

Und wann i mai Hüaterl grad aufsitzen hab,

Da woas 's schon a jeder ganz gwiß:

Da bin i net freundli, da bin i net grob,

Grad daß mir halt alles oans is.

Und wann i mai Hüaterl am Ohr sitzen han

Und juchez hellauf über d'Höh:

Da wissen's die Deandla weit und broat schon,

Dass i heut no fensterlen geh'.

Aber hab i mai Hüaterl ins Gsicht einizogen,

Gottswilln fangts mit mir nix an!

I tua's a mit zwoa Dutzat Buama glei wagn

Und hauat in Teufl davon.

Doch wann i amol stirb, gelts, dös oani tuats ma no,

Dös Hüaterl, dös grabts aa mit ein!

Dann halt i's in Händn und klopf halt drobn an,

Liaba Petrus, mach auf, lass mi ein.

 

Mit jemandem etwas am Hut haben: mit ihm planen, zusammen mit ihm etwas vorhaben. Dage­gen: Mit jemandem nichts am Hut haben: ihn nicht mögen, ihm aus dem Wege gehen.

Seinen Hut in den Ring werfen: jemanden herausfordern.

Seinen Hut an den Nagel hängen: seinen Beruf aufgeben.

Den Hut nehmen: von seinem Amt zurücktreten. Auch bei dieser Redensart handelt es sich um ein altbekanntes Bild: wer den Hut nimmt, kündigt seinen Abschied an. ›Etwas nicht aus dem Hut hervorzaubern können‹: es nicht aus dem Nichts herholen können. Die Wendung läßt an die bekann­ten Kunststückchen der Zauberer denken, die einen Vogel oder ein Kaninchen aus dem Hut zaubern.


 

Weitere Befragung: RÖHRICH: HANDWÖRTERBUCH DES DEUTSCHEN ABERGLAU­BENS


 

Hut.

 

 

1. Der Aberglaube macht keinen Unterschied zwischen dem meist mit einer Krempe versehenen Hut im engern Sinne und der Kappe oder Mütze, weshalb im folgenden alle diese gegenüber der weiblichen Haube vorwiegend männlichen Kopfbedeckungen in einem behandelt werden, wobei al­lerdings stets der in der Belegstelle gebrauchte Ausdruck beibehalten wurde.

Wie der Schuh den Fuß, so kann der Hut auch den Kopf und die Person des Trägers selbst vertre­ten. Er sitzt auf der höchsten und sichtbarsten Stelle des Körpers, ist daher Gefahren von au­ßen am meisten ausgesetzt, aber andrerseits auch besonders geeignet, solche abzuwehren. Er sichert aber auch die Haare, die oft als Sitz der Seele und des Lebens gedacht werden, vor bösen Ein­wirkungen und verhütet, daß durch das Haar oder den Körper eines unreinen Weibes überhaupt die Umgebung geschädigt wird. Denn wie Nacktheit die Ausstrahlung der dem Menschen inne­wohnenden magi­schen Kraft befördert und diesen zugleich für Einflüsse von außen empfänglicher macht, so bindet die Bedeckung des Körpers die vom Individuum ausgehenden Ausstrahlungen und bietet gegen schädlichen Einfluß von außen Schutz. In diesem Sinne kommt mehr die Haube als Zeichen der Frau in Betracht.

Wichtig ist ferner die geschlechtssinnbildliche Ausdeutung, welche die meisten Formen der Kopfbedeckung als Sinnbild des weiblichen Geschlechtsteiles auffaßt. Gleiche Bedeutung dürfte schon den Mützenidolen des altkretischen Gottesdienstes zukommen, die als in Ton hergestellte Mützen der minoischen Magna Mater erklärt werden. Sie sind das Zeichen der weiblichen Gottheit und die Doppelaxt das der männlichen Gottheit, aber nicht weil die Göttin eine Mütze auf dem Kopfe trägt und der Gott die Axt als Waffe führt, sondern weil Mütze und Axt Sinnbilder der bei­den Geschlechter sind. Abzulehnen ist die Ansicht, daß die Kopfbedeckung einzelner Götter und Hel­den, z.B. die runde, zugespitzte Filzkappe des Hephaistos, Hermes, Odysseus oder die Haube der Artemis, die Mütze der Zwerge u.a. einen Hinweis auf den Mondursprung ihrer Träger darstell­t.

Die hohe Bedeutung, welche dem Hut im Volksglauben und namentlich im Rechtswesen zu­kommt, erklärt Standeszeichen war, ursprünglich nur von Herrschern und Priestern getragen wurde, was wahrscheinlich schon bei den Goten der Fall war. Priester dürften aber zumeist nur bei gottesd­ienstlichen Handlungen, im Verkehr mit den Göttern, die gewöhnlich auch mit einer Kopfbede­ckung geschmückt sind, den Hut getragen haben. Aus der beim Opfer getragenen phrygischen Müt­ze, der klassischen Mithramütze, hat sich die Bischofsmütze oder Mithra entwickelt. Von den Kopf­bedeckungen geistlicher Würdenträger (Kardinals-, Erzbischofs-, Bischofs-, Protonotarienhut) bil­den zu den anders geformten Hüten weltlicher Personen (Fürstenhut, Markgrafenhut, Kurhut, Her­zogshut u.a.) einen Übergang die sogenannten geweihten Hute, welche der Papst an Fürsten und Feldherren ver­schenkte, die sich um den katholischen Glauben verdient gemacht hatten. Veranlas­sung dazu gab das Traumgesicht des Judas Makkabäus (2. Makk. 15). Den letzten erhielt General Daun nach dem Überfall bei Hochkirch (1758). Dem Hut geistlicher Personen, früher besonders der Jesuiten, schrieb das Volk eine besondere Kraft zu, wie überhaupt jedem Hut, der eine religiöse Weihe erfährt, der in Taufwasser getaucht oder bei dem Abendmahl, einer Hochzeit oder einem Be­gräbnis getragen wird.

Eine bemerkenswerte Rolle spielt der Hut in bezug auf Wind und Wetter, wobei freilich manche Überlieferung von der den ganzen Körper verhüllenden Nebelkappe auf die Kopfbe­deckung über­tragen wurde. Manche mit dem Schuh oder Pantoffel gemeinsame Züge erklären sich daraus, daß der Hut von allen Kleidungsstücken am leichtesten zu wechseln und beweglich ist, worin ihm der Schuh ähnlich ist.

Wichtig ist ferner die Farbe, Form (hier besonders die auch an die Dreifaltigkeit erinnernde dreie­ckige), Herkunft und der Stoff des Hutes, dann der Umstand, ob er alt und schmutzig oder neu ist, dann die Art, wie er getragen oder verwendet wird. Dem erst in neuerer Zeit aufgekommenen Hut­band kommt im Aberglauben einstweilen noch keine Bedeutung zu, dagegen aber dem Hutschmuck, wie überhaupt dem Kopfschmuck. Im rauflustigen Süddeutschland ist das Aufstecken einer Feder auf den Hut das Zeichen der Herausforderung, was auch in Vierzeilern er­wähnt wird.

Die Kopfbedeckung ist bei einzelnen Völkern und Volksstämmen, die sich oft auch dadurch von einander scharf unterscheiden, mit den religiösen und nationalen Überlieferungen eng verwachsen. Als nach dem Weltkrieg der türkische Diktator Kemal Pascha das Tragen des Hutes an Stelle des als heilig angesehenen Fez anordnete, kam es in einzelnen Gegenden zu offenem Widerstand, und nur durch strenge Maßnahmen wurde erreicht, daß bis 1927 der Fez fast ganz verschwand.

 

Eine besondere Bedeutung kommt dem Hut in rechtlicher und sogar auch politischer Beziehung zu.

a) Schon bei den Römern erscheint der Hut als Zeichen der Freiheit, der Sklave bekam bei der Freilassung einen pileus, den Hut der Freien. Brutus und Cassius ließen nach der Ermordung Cä­sars Münzen schlagen, auf denen ein Hut als Freiheitszeichen zwischen zwei Schwertern stand. Ähnlic­he Münzen prägte die Republik der vereinigten Niederlande nach ihrer Befreiung vom spani­schen Joch. Zum Unterschied von den Anhängern der friedliebenden russisch-englischen Par­tei, die »Müt­zen« hießen, nannte sich die franzosenfreundliche Partei in Schweden während der Freiheitszeit (1718–1772) seit 1738 »Hüte«, um ihre freiheitliche Gesinnung zu betonen. Als sichtbares Zeichen dieser Gesinnung tauchten in der ersten Hälfte des 19. Jhs. die breitkrempigen Karbonari-, Hecker-, Turner- und Demokratenhüte auf, die aber wegen ihrer Zweckmäßigkeit bald in allgemeinen Ge­brauch kamen. Auf die erwähnte Kopfbedeckung der italienischen Ver­schwörer, der Karbonari, ge­hen die Kalabreser zurück, die 1848 vorübergehend den minder »frei­heitlichen« Zylinderhut ver­drängten. In manchen deutschen Gegenden, wo Katholiken und Pro­testanten nebeneinander leben, unterscheiden sie sich durch die Form des Hutes. Zum Sinnbild des verschlafenen deutschen Michels ist endlich die Zipfelhaube geworden.

b) Wie Adelige das Recht hatten, vor dem Könige mit bedecktem Kopfe zu sitzen, so haben auch sonst Personen das Vorrecht, den Kopf bedeckt zu lassen, was sogar beim Gottesdienste der Fall war. In Immenstadt hatte der Hauptkläger während der ganzen Seelenmesse den Hut auf und legte ihn erst beim darauffolgenden Lobamte ab. In Zollikon behielten die Männer während der Predigt (nach Verlesung des Textes) die Hüte auf und lüpften sie etwa nur bei Nennung des Namens Jesus.

Andrerseits ist das Abnehmen des Hutes und Entblößen des Hauptes vor dem Bilde der Gottheit und vor Höherstehenden allgemein üblich und auch bei Naturvölkern zu finden. In der Oberpfalz war es sogar Sitte, daß der Landmann den Hut abnahm, wenn er morgens die Sonne aufge­hen sah, und wenn der Mond klar schien, sagte man, es sei schade, den Hut aufzubehalten. Nach mittelalter­lichen Quellen war ein auf den Speer gesteckter FilzHut das Zeichen, daß man die Herber­ge suchte, und auch der Gast dürfte mit abgezogenem Hut die Herberge gesucht haben. Wenn er aber über drei Tage blieb, nahm ihm der Wirt den Hut weg und zeigte dadurch und durch schlechte Be­handlung, daß ihm der Gast lästig sei. Im Böhmerwald war es noch vor dem Weltkrieg nicht selten, daß abhän­gige Zinsgründler oder Holzhauer im Gespräch mit herrschaftlichen Förstern und Hegern den Hut in der Hand hielten. Wenn der südslawische Bauer In einen Herrn in der Stadt besucht, läßt er sei­nen Hut draußen vor der Tür auf der Erde liegen.

c) Gleich der Fahne diente früher der Hut auch als Feldzeichen und Hoheitszeichen. Wer ihn auf­steckte, forderte das Volk zur Heer- und Gerichtsfolge auf und hatte die Gewalt dazu. In Friesland hieß der Träger der Fahne oder des Hutes Hôdere (Hutträger). Auch Geßlers Hut ist Sinnbild der Ober­gewalt zu Gericht und Feld, später aber zum Schweizer Sinnbild politischer Selbständigkeit ge­worden. Will man zwischen angeborener und angemaßter Selbstherrlichkeit unterscheiden, so ge­braucht man die Redensart: »Es ist ein Unterschied zwischen dem König David und einem Hutma­chergesellen«.

d) Der Hut war ferner Sinnbild der Übertragung von Gut und Lehen. Der Übertragende oder an seiner Statt der Richter pflegte den Hut zu halten, der Erwerbende hineinzugreifen oder einen Halm hineinzuwerfen. Das Greifen in den Hut scheint aber noch früher auch den Sinn des Verschwö­rens gehabt zu haben. Die miteinander »in den hut griffen«, »verschworen« sich zusammen. Daher ent­spricht auch die Redensart »unter dem hütlein spielen« dem lateinischen conspirare inter se.

e) Eine alte Form der Einsprache gegen die Ehe war das Werfen des Hutes oder der Mütze. Wenn im Hanauischen bei einer Eheverkündigung von der Kanzel eine Frauensperson Einsprache erheben wollte, mußte sie ihre Mütze abnehmen und in die Kirche werfen. Die Redensart »'s Hüetl eini wer­fen« bedeutet »die Heirat rückgängig machen«. Nach einer alem. Quelle wurde bei der Trauung mit der Braut auch ein Hut, Mantel und Schwert übergeben).

f) Wie hier vertrat die Person der Hut, wenn es für einen Asylsuchenden genügte, den Hut in die Freiheit zu werfen.

g) Die Offenheit und Ehrlichkeit des Gerichtsverfahrens wollte man betonen, wenn nach sächsi­schem Landrecht Richter und Schöffen beim Gericht keine Kappen, Hute oder Hauben, aber auch keine Handschuhe und geschlossenen Mäntel anhaben durften.

h) Eine entehrende Strafe war das Tragen bestimmter Hute. Nach dem Seligenstadter Sendrecht wurde ein Wucherer bestraft, indem er an drei Sonntagen barfuß und einen Judenhut auf dem Kopfe mit dem Weihwasser um die Kirche gehen mußte. Zur Hinrichtung wurde dem Verbrecher zuweilen eine rote Mütze auf den Rock gebunden und Ketzern, wie z.B. dem Magister J. Huß, den man so gewissermaßen als Bischof des Teufels kennzeichnen wollte, eine Papiermütze mit dar­auf gemalten Teufeln in Form eines BischofsHutes aufgesetzt.

i) Bedeutung hat der Hut endlich auch im Weiderecht. Wenn ihn der Hirt auf seinen Stab hängte und diesen an der Grenze der Nachbarweide in den Boden steckte, diente er als Befriedungszeichen, wie man ähnlich mitunter auch während der Dauer des Marktfriedens einen Hut aufsteckte. In der Mit­telmark bekam der Pferdehirt, dessen Pferd am Pfingstmorgen zuerst auf der Weide war, einen Hut aufgesetzt. In Württemberg besteht der Brauch, daß der Hirt zu festgesetzten Zeiten einen Hut be­kommt, so im Oberamt Ellwangen der Schafhirt dann, wenn er mit seiner Herde draußen bleiben kann; sonst bekommt der Gemeindehirt den Hut auch am Katharinatag (25. November). An dem Tage, an dem die Bauern den Vertrag mit ihrem Hirten für den kommenden Sommer abschlossen, fand in Bayern der Huttanz statt.

j) Bei diesem erscheint der Hut als Siegespreis. Bei dem frü­her auf schwäbischen Kirchweihfesten fast regelmäßig getanzten Huttanz war meist ein Hut mit einer Schnur an einer hohen Stange hin­aufgezogen. Die Schnur wurde unten angebunden und ein Stück Schwamm daran befestigt und an­gezündet. Man tanzte rings um den Hut und reichte einen ge­schmückten Zweig herum. Wer diesen in der Hand hatte, wenn die Schnur abgebrannt war und der Hut herabfiel, gewann den Preis. Auch andere Formen waren üblich, wobei z.B. das Losgehen einer Pistole als Zeichen galt, bestimmte, in die Erde gesteckte Pfähle herauszuziehen und der, welcher den gemerkten Pfahl herauszog, Sieger war.

Einen Hut gewann der Sieger beim Hahnenschlag zu Fasten und beim Königsschießen zu Pfings­ten in Oldenburg166), ferner bei dem Hutreiten zu Pfingsten in Schlettau bei Halle und Edersleben bei Sangershausen, bei welchem das Ziel ein mit bunten Bändern und Tüchern geschmückter Hut war, und den ähnlichen Bräuchen in Anhalt, in Groß-Kühnau (Kr. Dessau) und Quellendor­f. Ein Wettkampf eigener Art ist das Hutsingen oder Hutaussingen der Landbevölkerung in der Gegend von Dachau, das zum letztenmal 1911 in Tuntenhausen stattfand. Die Sänger müssen in Reimen über irgendwelche Dinge singen und dabei über die Lösung eines Rätsels, das der den Wett­kampf leitende Rätselherr aufgibt, nachdenken und hierauf das Wort der Lösung in Reimen besin­gen. Der Sieger erhält einen landesüblichen Hut oder eine Zipfelhaube. Ein solches Singen fand 1831 auch in München statt.

Der Hut spielt auch sonst im Volksbrauch eine Rolle, z.B. im Braunschweigischen beim Hänseln der Dorfburschen oder in den seltsamsten Formen bei den Weinberghütern und Ochsenhütern Ti- rols171) und namentlich bei den Teilnehmern am Perchtenlaufen. Eine hohe, mit Bändern ge­schmückte Strohkappe hat in Shetland der Anführer der Guisars, der Lustigmacher, welche nach dem in der Julzeit stattfindenden Schwerttanz auftreten.

 

Im Aberglauben in bezug auf die Wöchnerin und das neugeborene Kind wird der Hut mehrfach ver­wendet. Zieht sich bei den spaniolischen Juden eine Geburt in die Länge und befürchtet man einen schlimmen Ausgang, so übt man neben anderm Gegenzauber auch den aus, daß man die Kopfbede­ckung der Gebärenden in das Grab eines verstorbenen Verwandten gibt. Bei den pennsylvanischen Deutschen nimmt man dem ersten Mann, der eine Kindbetterin besucht, den Hut weg, wirft ihn auf das Bett und gibt ihn erst zurück, bis der Mann dem Kind etwas geschenkt hat. Ähnlich nehmen in manchen Orten Sla­woniens die Bekannten dem Vater des Kindes den Hut, schleudern ihn auf die Erde und stoßen ihn so lange mit den Füßen, bis es dem Manne gelingt den Hut zu erhaschen oder bis er ein Lösegeld gezahlt hat

Während hier der Hut als Geschlechtszeichen erscheint, dient er zur Täuschung böser Geister, wenn die Wöchnerin den Hut ihres Mannes aufsetzt. Dies tut sie im Lechrain jedesmal, wenn sie vor der kirchlichen Einsegnung das Haus verläßt. Polnische Frauen setzen bis sechs Wochen nach der Entbindung die Mütze ihrer Männer auf. In Landshut darf die Wöchnerin vor der Aussegnung nur so weit aus dem Hause treten, als das Dach reicht, da sonst die Hexen über sie und ihr Kind Ge­walt haben, es sei denn, daß sie einen Hut aufsetzt, so daß sie dann, wie man sagt, gleichsam unter einem Dach ist. In Pörndorf besteht der Glaube, daß eine noch nicht vorgesegnete Wöchnerin Hagel bewirkt, wenn sie sich unter freiem Himmel bewegt, weswegen sie jedesmal, wenn sie ins Freie geht, einen Wasserkübel auf den Kopf setzt.

Hier zeigt sich das viel wichtigere Motiv der Unreinheit des Weibes, durch die es selbst und die ganze Umgebung gefährdet wird, wogegen die Verhüllung ein Schutzmittel bildet. An der Nord­westküste von Neu-Guinea darf bei einzelnen Stämmen das Weib nach der Niederkunft mona­telang das Haus nicht verlassen. Wenn es geschieht, muß das Haupt mit einem Hut oder einer Matte be­deckt werden. Denn wenn die Sonne auf das Weib schiene, würde einer der männlichen Verwandt­en sterben. Bei Indianerstämmen im Hudsonbay-Gebiet leben die Weiber während der Menstruation abgesondert und tragen lange Hüte, welche Kopf und Brust bedecken.

Das neugeborene Kind selbst wird durch besondere Kopfbedeckungen oder daran angebrachte Abwehrmittel gegen böse Einflüsse, namentlich gegen den bösen Blick geschützt, so oft durch ein Kreuz an der Mütze, durch ein rotes Bändchen, das bei den Siebenbürger Sachsen an das Häub­chen mitten über der Stirn genäht wird, durch angehängte Geldstücke bei den Bulgaren, Monte­negrinern, wo sie die Mädchen an roten Kappen tragen, Gräkowalachen, Türken u.a.), durch Alaunstücke, die mit Troddeln geschmückt sind, in Ägypten, durch Weinstein bei den Gräko­walachen, durch allerlei Kräuter, in Deutschland besonders durch Johanniskraut und auf dem Balkan durch Knoblauch, den man in Serbien auch an die Nachtmütze der Wöchnerin näht, dann durch tierische Schutzmittel, so Maulwurfsfüße und Wolfszähne bei den Gräkowala­chen, Muscheln in Arabien und Ägypten, ein Stück Fuchsschwanz, das in Italien auch Erwach­sene am Hut tragen. Köpfe von Hirschkäfern im In­nern Frankreichs, Hörner aus Holz in Kleinasien, von einem Pilger aus Mekka gebrachte Schafsau­gen in Persien, in die ein Türkis gesteckt ist und die das Kind in einem Kästchen an der Mütze trägt, dann durch Perlen­troddeln in der Türkei und in Ägypten, ferner bei den Türken durch blaue Stoff­stücke mit Ko­ransprüchen und Ornamenten in blauer Farbe, die Hände und Hufeisen darstellen, bei den Griechen durch blaue, in Silber gefaßte Steine oder blaues Glas, sonst auch oft durch rote Schutzdin­ge und endlich durch magische Quadrate auf Porzellan oder Papier, Koransprüche auf Pa­pier und andere Amulette, welche auch die erwachsenen Mohamedaner meist im Turban tragen.

Will sich die Sprache eines Kindes nicht entwickeln, so betritt im Erzgebirge der von auswärts kommende Vater stillschweigend die Stube, setzt dem Kind seinen Hut auf, verläßt hierauf auf kur­ze Zeit den Raum, kehrt dann wieder zurück und begrüßt die Seinen. In Thüringen muß der Mann dem Kinde stillschweigend den Hut oder die Mütze aufsetzen, um das Zahnen des Kindes zu beför­dern. Schreiende Kinder beruhigt man in Schlesien, indem man des Mannes Mütze unter das Kissen der Wiege legt. Nach sächsischem Glauben wird ein Kind fromm, wenn man sein Gum­mihütchen ins Taufwasser taucht. Alsdann soll es auch leichter reden lernen. Tritt in Baden (Durbach, Ottenhö­fen) ein Uneingeladener in das Gasthaus, wo der Taufschmaus gehalten wird, und zieht er den Hut nicht ab, so muß er zur Strafe einen Liter Wein bezahlen.

 

Betreffs Hochzeit und Ehe heißt es in Ostpreußen, daß eine ledige Person, der ein lediger Mann un­verhofft und gegen ihren Willen seine Kopfbedeckung aufsetzt, noch sieben Jahre auf einen Mann warten muß, oder daß überhaupt jedes Frauenzimmer, welches sich einen Männerhut aufsetzt, noch in zehn Jahren keinen Mann bekommt, was aber umgekehrt auch beim Manne gilt. Die pennsylva­nischen Deutschen dagegen sagen, daß ein Mädchen, welches einen MannsHut aufsetzt, einen Kuß will, und auf Island meint man, wenn sich ein weibliches Wesen den Hut eines Man­nes aufsetzt, daß ihr dieser Mann gefällt, ferner daß man über die Verheiratung dessen entscheiden wird, dem eine aufgesetzte Mütze gleich so gut paßt, daß er sie nicht mehr zurechtzurücken braucht.

In der Oberpfalz kannte man das folgende Eheorakel: Wenn vor einem Mädchen zufällig ein Bur­sche ging, dem es geneigt war, so sprach es dreimal leise:

 

Bist du mir von Gott geschaffen,

So greif nach deinem Hut oder Kappe!

Bist du mir nicht von Gott beschert,

So greif du zur Erd'!

 

Aus der entsprechenden Bewegung des Burschen schloß man dann auf die Zukunft. Einen dreieckig­en Hut hatte im Saterlande der Hausvater auf, wenn er in der Neujahrsnacht durch Ruten­werfen feststellte, woher im Laufe des Jahres die Braut seines großjährigen Sohnes kommen oder wohin seine erwachsene Tochter als Frau ziehen werde. Zur Zukunftserforschung überhaupt war in man- chen Orten Oberösterreichs am Thomastag das »Hüadlhöbn« (Hutheben) üblich. Man legte neun Hüte, aber auch Hauben, Körbchen oder Schüsseln auf den Tisch und gab darunter Gegenständ­e, welche eine bestimmte Bedeutung hatten, so einen Ring (Heirat), Geldbeutel (Reich­tum), Schlüssel (großes Anwesen), Kinderbild (Elternfreude), Kamm (Ungeziefer),Tuch (Trauer), Bündel (Wandern), Rosenkranz (Frömmigkeit). Der neunte Hut (Tod) blieb leer. Dann trat, nach­dem zuwei­len die Gegenstände wiederholt vertauscht worden waren, die Person, welche die Zu­kunft erfor­schen wollte, mit verbundenen Augen ein und hob einen oder auch drei Hute auf. An­derswo hatte man bloß vier Hute, unter welchen ein roter Apfel und ein Kamm, die einen schönen und häßlichen Mann bedeuteten, dann eine Geldmünze und ein Bündel lagen. Um Hallstatt zog man von mehreren Zetteln, auf welche Ring, Haus, Schlüssel, Kugel (Glück), Kohle (Unglück) u.a. auf­gezeichnet war, drei aus dem Hute.

In Oldenburg war mitunter ein Hut das Geschenk für den Freiwerber, weshalb man von jemand, der ein Paar zusammengebracht hat, sagt: »He hefft sick n' Haut verdeint«. In der Eifel ist das »Mützlüften« üblich, wenn ein ortsfremder Bursch ein Mädchen in ernster Absicht besucht. Dann gehen die Ortsburschen zu einer Zeit in das Haus des Mädchens, zu der sie den Fremden dort an­treffen, und einer sagt den Spruch:

 

Wie wir haben vernommen.

Sind Sie in unsern Rosengarten gekommen,

Und wollen eine der schönsten Rosen pflücken.

Wir können Ihnen das durchaus nicht verbieten.

Wir hoffen, Sie werden es uns doch ein wenig vergüten!

 

Dann lüftet der Sprecher dem Fremden die Mütze, den Hut hebt, sie ein wenig in die Höhe, und der Fremde hat eine bestimmte Geldsumme zu bezahlen. Verweigert er die Zahlung, so erhält er bei ge­eigneter Gelegenheit Prügel. Mitunter muß sich der Fremde aber auch, wenn er schon verlobt ist, noch einmal loskaufen, wofür er einen Strauß, d.i. einen mit bunten Bändern geschmückten Tannen­ast bekommt. Dabei besteht der Glaube, daß der Bräutigam, so lange er den Strauß nicht besitzt, in der Gewalt der Dorfburschen ist. In Zons am Rhein muß der Bursche, der sich um ein Mädchen in einem andern Ort bewirbt, regelmäßig die dortigen Burschen freihalten. Im Rheinland heißt der Brauch auch Hutlüften oder -strippen. Daneben sind auch in anderen Gegenden Deutschlands die verschiedensten Formen einer Tributeinhebung von dem ortsfremden Bräutigam üblich.

Bei der Hochzeit selbst, zu der in Gröden die Braut einen breitkrempigen, grünen Hut tragen muß­te, ist es um Ettlingen (Baden) Sitte, daß der Bräutigam jedesmal, wenn beim Hochzeitszug ein Schuß knallt, den Hut abnimmt und so seinen Dank kundgibt. Verliert er während des Hochzeitszug­es den Hut, so wird nach dem Glauben des Erzgebirges die Ehe durch Tod zeitig ge­trennt. Hochzeitsgeschenke werden in China von Männern in roten Gewändern, deren Hut mit einer roten Feder geschmückt ist, in kostbaren roten Kästen getragen.

Dem Aufsetzen der Haube bei Hochzeiten steht das Hutaufsetzen im Hildesheimischen gegenü­ber, wo am dritten Tage nach dem Essen alle Hochzeitsteilnehmer auf einen Berg oder freien Platz ziehen und es dort Aufgabe der Verheirateten ist, der jungen Frau, welche noch immer den Braut­kranz trägt, diesen wegzunehmen und dafür den Hut ihres Mannes aufzusetzen, was die Unverheirat­eten zu verhindern suchen. Hat die Braut den Hut aufgesetzt erhalten, so heißt sie von da an eine junge Frau und muß mit den Frauen, welche sich alle anfassen, tanzen, sie wird, wie man sagt, in den Frauentanz gebracht. Dieses Aufsetzen des Hutes ist Sinnbild der Besitzergreifung, und ähnlich bei den Ditmarsen, wo man der Braut den Hut des Bräutigams aufsetzt, wenn sie aus dem vä­terlichen Hause geholt wird. Doch spielt hierbei auch das Motiv der Täuschung böser Geister mit, da besonders der erste geschlechtliche Verkehr der Neuvermählten von Gefahren bedroht ist. Bei den Kleinrussen wird der Jungfrau die Mütze des Mannes in der Brautkammer aufgesetzt, bei den Oberpahlenschen Esten gibt die Braut den Hut des Bräutigams, der ihr nach der Trauung aufge­setzt wird, erst am 3. oder 4. Tage nach der Hochzeit weg. Abgeschwächt erscheint der Brauch im Egerland, wo der Brautführer die Braut auffordert, über seinen auf den Tisch gelegten Hut zu stei­gen. Bei den Südslawen sitzt der Bräutigam nach der kirchlichen Trauung mitunter mit dem Hut auf dem Kopf bei Tisch, womit wohl ausgedrückt wird, daß er jetzt ein selbständiger Herr ist.

Bei den pennsylvanischen Deutschen gilt, daß der Mann, der sich einen Buben wünscht, während des Coitus den Hut auf dem Kopf behalten muß.

 

Die das Begräbnis ansagenden Familienangehörigen tragen auf der Alb manchmal einen lan­gen Flor am Hut, wie das Tragen eines schwarzen Flors um den Hut in der Trauerzeit hie und da auch bei der Landbevölkerung üblich ist

Beim Begegnen eines Leichenzuges entblößt man allgemein das Haupt, was freilich auch dem vorangetragenen Kreuze gelten kann. Im Schwäbischen kommt dagegen häufig vor, daß die nächs­ten männlichen Leidtragenden sogar während des Leichengottesdienstes in der Kirche den Hut auf dem Kopfe behalten, in Pfaffenhofen (Brackenheim) auch bei den Grabreden, sonst auch beim Va­terunser und dem Segen. Dies kann auf ein altes Vorrecht zurückgehen, aber auch aus der Furcht vor drohenden Gefahren zu erklären sein, die andrerseits vielleicht auch den Anlaß zum Entblößen des Kopfes gegeben haben mögen, obwohl hier hauptsächlich die Ehrfurcht vor dem Toten und dem Tode zum Ausdruck kommt. Von den alten Friesen wird gerühmt, daß sie nur vor Toten, nie vor Le­benden den Hut zogen. Abwehr von Gefahren bezweckte wohl auch die seltsa­me Kleidung mancher Leichenträger, die wegen ihrer Kutten und Kapuzen zuweilen Gugelmänner heißen. Gewöhnlich tragen die männlichen Leichenbegleiter den Hut in der Hand, was in katho­lischen Gegenden wäh­rend der Einsegnung vor der Kirche und beim Grabe selbstverständlich ist. Die leidtragenden Frau­en, die früher in Franken schwarze Florhauben trugen, gehen in Schlattstall (Kirchheim) ohne Hut, in Heimsen (Kr. Minden) ebenfalls die nächstverwandten Männer, während die andern den Hut bloß beim Verlassen des Hofes und beim Betreten des Kirchho­fes lüften. Auch in einzelnen Orten Würt­tembergs lüftet die Leichenbegleitung den Hut bei Be­ginn des Läutens und beim Eintritt in den Friedhof. Hier ist hie und da auch der seltsame Brauch zu finden, daß zum Begräbnis die Haare des ZylinderHutes, der schon im 16. Jahrhundert als Trauerhut diente, gegen den Strich nach rückwärts gebürstet werden, was teilweise auch die ganze Trauerzeit hindurch gehalten wird. In Magstadt (Böblingen) wurde diese Sitte nur von Ehe­männern, denen die Frauen gestorben waren, beachtet.

Verbreitet ist der Glaube, daß der stirbt, dem der Hut ins Grab fällt. In Norddeutschland wurde früher den Männern eine Zipfelmütze im Sarge aufgesetzt, woraus sich zum Teil der Umstand er­klärt, daß Geister bisweilen mit einer Zipfelhaube am Kopfe erscheinen.

 

Auch in der Volksmedizin findet der Hut Verwendung. Gegen Kopfweh trägt man im Böhmer­wald und im bayrischen Wald hier und da noch die Zunderhauben, die auch in Vorarlberg, in Schle­sien und in den Karpathen bekannt sind. In Schlesien sind sie bisweilen mit einem roten oder grü­nen Band zusammengenäht und werden von besonderen Händlern, den »Schwammkappenmän-nern«, verkauft. Im tschechischen Brdywald tragen die Schnitter gern solche Kappen, weil sie »ge­sund seien und in ihnen der Kopf nicht schwitze«.

Überhaupt ist eine alte Gesundheitsregel, den Kopf womöglich bedeckt zu halten. Nach der Ro­ckenphilosophie soll man dem an Fraisen leidenden Kind einen geerbten Fischtiegel über den Kopf decken und seinen Mund mit einem Erbschlüssel aufbrechen. Im Sommer soll man am Abend nicht ohne Hut ausgehen, weil sonst die Fledermäuse ins Haar kommen oder hineinpissen, wodurch man einen Kahlkopf erhält. In Baden heißt es, daß man in der Nacht selbst vor einem Kruzifix den Hut nicht lupfen soll, weil einem sonst der Teufel unter dem Hut sitz­t. Im Erzgebirge macht man, wenn man abends über einen Kreuzweg geht, zur Vorsicht mit Kreide ein Kreuz in das Innere der Mütze.

In Kärnten reibt sich der Halskranke mit einem alten FilzHut den Hals und spricht dazu Segens­worte. In Frankreich werden neben anderen Kleidungsstücken mitunter auch Hute bei Heilquellen und anderen Heilorten geopfert. Bei den Kroaten wischt man wehe Mundwinkel mit dem Rand ei­ner Hutkrempe aus; in Tayinloan (Kintyre) kehrt man das Mützchen des vom bösen Blick betroffe­nen Kindes um, spricht einen Zauber darüber und setzt es dann, wieder in Ord­nung gebracht, dem Kind auf.

Gegen Kolik der Pferde hängt man in Oldenburg den beim letzten Abendmahl getragenen Hut auf eine in der Johannisnacht geschnittene Weidenrute, trägt ihn dreimal um das Pferd und spricht: »Lief, Lief, stüre di«. Ähnlich geht man in Sachsen mit einem geweihten Haselstock dreimal kran­ke Menschen), dann wird der Hut geschlagen, und die Schläge treffen die Hexe. Bei krank­haftem Aufblähen des Rindviehs hält man in Mecklenburg dem Tier einen Hut oder eine Mütze vor Maul und Nase. Je schweißiger diese sind, desto besser ist es. Ebenda werden kranke Tiere auch dadurch behandelt, daß man ihnen mit einer Haube oder Mütze vom Kopf über den Rücken bis zum Schwanze streicht. Um das vom heimlichen Feuer oder Hexenteufelschuß (Milzbrand) geplagte Tier zu heilen, stellt sich in der nördlichen Schweiz ein Mann um Mitternacht unter die Stalltür und macht mit seiner Kappe ein Kreuz durch die Luft, wozu er spricht:

 

Herr Teufel nimm's,

Dem Satan bring's253)!

 

1In der Feld- und Viehwirtschaft wird der Hut ebenfalls zu bestimmten Zwecken verwendet. In der Mark Brandenburg trägt man bei der Hirsesaat einen alten Hut und hat drei Körner unter der Zun­ge. Die Wenden säen manchmal aus der Mütze Verstorbener, damit die Vögel den Samen nicht wegfressen. Vor Beginn der Saat zieht der Bauer in Baden seinen Hut und spricht ein Gebet. Dies tut er um Neckarsulm auch nach vollendeter Saat, wobei er sagt:

 

Herr, ich hab getan das Meine,

Nun tu du auch das Deine257).

 

In Westfalen warfen die Knechte, wenn das letzte Korn geschnitten war, ihre Kappen in die Höhe und riefen dazu »Waul, Waul, Waul«. Um Ludwigsburg sagt man, daß die Mütze schief aufs Ohr zu setzen hat, wer die erste reife Traube erblickt, im deutschen Westböhmen, daß jener Weizen zu ver­kaufen hat, der den Hut schief auf dem Kopfe sitzen hat. In Georgenberg (Kr. Tar­nowitz) in Schlesi­en darf man bei einem Bauer seinen Hut nicht auf den Tisch legen, weil sonst Maulwürfe die Wie­sen des Bauers aufwühlen. In Württemberg und Baden setzt der, welcher Bruteier unterlegt und Küchlein mit Hauben haben will, selbst eine Haube oder einen Hut auf, im Oberamt Reutlingen eine Werghaube. Um Gerabronn heißt es, daß hierbei das Aufsetzen eines alten Hutes den Zweck habe, alle Hühner zum Ausschlüpfen zu bringen. In Samland trägt man die Bruteier in einer Män­nermütze zum Nest oder auch in einer Pelzhaube, weil sich aus den Eiern »behaarte« Tiere entwi­ckeln sollen. Man legt ein Ei nach dem andern ins Nest und spricht jedesmal: »Glatt hinein, rauh heraus«.

Tritt bei den Tschechen um Königgrätz während des Ausbutterns ein fremder Mann in die Stube, so nimmt ihm die Magd die Mütze vom Kopfe und schlägt sie am Butterfaß ab.

 

Von sonstigem Aberglauben ist zu erwähnen, daß nach Tiroler Anschauung eine Mütze,

die man dort, wo ein Regenbogen seinen Anfang nimmt, etliche Klafter weit in die Höhe wirft, voll Geld herunterfällt. Es heißt auch, daß der in den Regenbogen hinaufgeworfene Hut voll Geld ist, wenn er mit der Innenseite nach oben herabfällt, aber mit Teufeln angefüllt ist, wenn er auf den hoh­len Teil fällt, oder daß man den Hut auf die Erde werfen muß, so daß der Regen­bogen darin zu ste­hen scheint. Dann wird er voll Gold sein, wenn die Innenseite nach oben gerichtet ist. Liegt er aber umgekehrt, so darf man ihn nimmer wegnehmen, weil sich unter ihm im Nu giftige Würmer (Schlangen) angesammelt haben.

Der von einem Gespenst Irregeführte findet wieder den rechten Weg, wenn er den Hut anders auf­setzt und die Schuhe wechselt. Wenn man in Schweden versehentlich einen fremden Hut ge­nommen hat, dann den eigenen wiederfindet und aufsetzt, spuckt man vorher hinein. Nach einsti­gem Schifferbrauch auf der Donau und am Inn zog man den Mann, der als erster im Frühjahr ins Wasser fiel, nicht heraus, da man ihn wohl als Jahresopfer betrachtete, son­dern begnügte sich, sei­nen Hut aufzufangen. In der Mark Brandenburg legt der Holzdieb seine Mütze auf den Stumpf des gefällten Baumes und glaubt, daß ihn dann der Förster nicht sieht. Eine sonderbare Täuschung, bei welcher auch der Hut die Person vertritt, kennt man in Tibet: Muß jemand an einem Unglückstage eine Reise antreten, so sendet er an einem vorhergehenden günstigen Tage seinen Hut oder ein an­deres Kleidungsstück durch einen Boten voraus, um so den Göttern vorzureden, daß er ohnehin un­ter passenden Glücksumständen aufgebrochen sei. Über die Gewinnung der reich machenden Kap­pe des Teufels berichtet ein Gerichtsprotokoll des Frauen­stifts Göß in Steiermark (1773).

HUT, m. pileus. ahd. mhd. huot; niederl. hoed; dem altnord. fehlt das wort, dafür erscheint ein mit ihm wurzelhaft wol kaum verwandtes hattr, was in schwed. hatt, dän. hat fortlebt; das angels. kennt sowol hôd als hät in der bedeutung pileus, ebenso engl. hood und hat, nur dasz das erstere der ungewöhnlichere ausdruck, die bezeichnung für doctorhut, kappe, das letztere das wort des gewöhnlichen lebens ist; fries. steht hôd und das seltenere hat in völlig gleicher verwendung. – Die eigentliche bedeutung von hut ist jedenfalls nur die allgemeine decke, schutz, das wort scheint, wie das folgende und das verbum hüten, zurückzuführen auf eine wurzel skad, sanskr. chad, mit verlust des anlautes und mit derselben mangelnden lautverschiebung des auslautenden consonanten, den auch das gleicher wurzel entstammende, aber anlautend vollständig gebliebene goth. skadu-s schatten zeigt.

hut ist kopftracht beider geschlechter, wird auch in freierem sinne verwendet.

1) hut, als männliche kopfbedeckung.

a) form, stoff und farbe des hutes werden näher bestimmt: hoher, niedriger, flacher, runder, spitzer, dreieckichter hut; ein aufgestülpter hutt, pileus succinctus, collectus STEINBACH [10,1979] 1, 797; hut von filz, seide, stroh; den hut (des hohenpriesters) von weiszer seiden. 2 Mos. 39, 28; nam er ein filzen hůt. Aimon v 4b;


 

ich hab ein hůt,

ist plab, der tůt mich frewen. HLAND volksl. 644;


 

der erste, der mit kluger hand

der männer schmuck, den hut, erfand,

trug seinen hut unaufgeschlagen;

die krempen hiengen flach herab. GELLERT 1, 9;


 

der hut wird geschmückt, staffiert (fertig gemacht durch ausputzen), vergl. hutschmücker, hutstaffierer; er ist mit tressen, band oder federn versehen: da brachte man mir ein weiszes hemd, schuhe und strümpfe samt einem überschlag oder kragen, auch hut und federn. Simpl. 1, 73 Kurz;


 

der erbe reiszt die schnüre los (vom hute),

umzieht den hut mit goldnen dressen,

verherrlicht ihn durch einen knopf,

und drückt ihn seitwärts auf den kopf. GELLERT 1, 11;


 

bin ich als, edler junker, hier,

in rothem goldverbrämten kleide, ...

die hahnenfeder auf dem hut. GÖTHE 12, 79.


 

verschiedene hutform und hutfarbe zeigt verschiedene stände an, vergl. doctorhut, fürstenhut, kurhut, jägerhut, jesuitenhut, kardinalshut, pfaffenhut; daher als symbol der betreffenden würde: bede bebeste .. mahtent ander nuwe cardinale. doch was ir vil, die in dirre zweigunge den hůt und daჳ cardinaletům nüt woltent nemen. d. städtechron. 9, 610, 31;


 

wie ihr denn auch den lohn des fleiszes überkamet,

als ihr den blauen hut von Klio händen nahmet. FLEMING 62 (auf herrn Michels sein doctorat).


 

der spitze hut, ursprünglich baurentracht, ist seit dem 17. jahrh. charakteristisch für den aus dem plumpen bauer entwickelten hanswurst, dann auch für den intriguanten, und spitzhut, spitzhüter bezeichnet einen zuträger, zungendrescher, verläumder: uber das sind noch die spitzhüter, stiegenträger, die den jungen herren alles was sie hören und sehen, vor die ohren bringen, wenn es gleich erdichtet und erlogen ist. LÖHNEYS regierkunst (1679) 8b.

b) der eiserne hut, wie der helm kopfbedeckung des kriegers, vgl. eisenhut, sturmhut, auch haube:


 

im (dem ritter) wart bedecket ieslîch loc

mit dem tiuren huote herte. WOLFRAM Willehalm 296, 9;


 

wolten sie rennen, das sie sich mit iren hüten und was zum rennen gehört, als ander von der ritterschaft, erwarten. Wilw. v. Schaumb. 65; selbiger zeit ist eine höchste ehr gewesen, bei früher tagszeit die adeliche hände an den pflug legen, nachmittag aber den helm und huht ergreifen, und selben ritterspielen obliegen. SCHUPPIUS 711.

c) der hut ist von alters her zeichen des adels und der freiheit, die edeln werden in den frühlateinischen quellen des mittelalters pileati genannt, vgl. die nachweise bei GRIMM rechtsalt. 271. der ein lehen übertragende reichte seinen hut dem lehenempfänger zum berühren hin (a. a. o. 148. HALTAUS 983), zum zeichen, dasz ein theil von jenes rechten auf diesen übergieng. daher der hut symbol der herschaft: liesz .. ze Altdorf am platz bi den linden, da mengklich für gon muszt, ein stangen uffrichten, und ein hut oben druff legen, und liesz gebieten mengklichen, im land wonhaft, .. dasz jeder, so da fürgienge, sölte mit neigen und paret abziehen eer und reverentz bewisen, als ob der künig selbs, oder er (der landvogt) an siner statt persönlich da wäre. TSCHUDI 1, 235a, und danach bei SCHILLER:


 

und dieses ist des landvogts will und meinung:

dem hut soll gleiche ehre wie ihm selbst geschehn.

man soll ihn mit gebognem knie und mit

entblösztem haupt verehren. Tell 1, 3;


 

auch später zeigt sich das noch, so wenn der hut als symbol des ehelichen regiments auftritt, den bei eingehung der ehe die frau dem manne überreicht: braut und bräutigam liefern einander die gewöhnlichen präsenten, wie bei dieser löblichen stadt bräuchlich und herkommens ist. er ihr ... einen ring, sie ihm einen hut. CREIDIUS 1, 496;


 

und das liebende mädchen (schenkte) zur gegengabe dem jüngling

einen prunkenden hut, und stattliche bräutigamshemde. HÖLTY 40 Halm;

der frau den hut überlassen, unter den pantoffel kommen:


 

drauf, hocherfreut in seinem muth

gab er an seine frau den hut,

mit diesem stipulinen:

ihn basz zu karessiren.

OVERBECK ged. 150; [10,1980]

der mann ward, wie es sich gebühret,

von einer lieben frau regieret,

trotz seiner stolzen männlichkeit!

die fromme herrschte nur gelinder!

uns blieb der hut und ihm die kinder. HAGEDORN 3, 72.


 

ebenso zeigt auch der hut die exemtion von der herschaft eines andern, die freiheit an:


 

du bists der uns den hut der göldnen freiheit schenket. LOGAU 3, 243, 142;


 

im hut der freiheit stimmet an

voll ernst der freundschaft lied.

VOSS 4, 128;


 

des menschen zierrath ist der hut, denn wer

den hut nicht sitzen lassen darf vor kaisern

und königen, der ist kein mann der freiheit. SCHILLER Piccolomini 4, 5.


 

d) durch das abnehmen des hutes bekennt man sich daher als diener jemandes, eine sitte die ursprünglich nur von dem niedern gegen den höher stehenden geübt werden konnte:


 

und als er im (ein edelknabe einem junker) sô nâhen quam,

sînen huot er abe nam.

hie mite êret er in alsô.

der junkherre gruoჳt in dô. Wigalois 41, 12;


 

auf der wol auch die ceremonie des studentischen landesvaters ruht, dergestalt dasz der abgenommene, auf den schläger gesteckte hut die hingabe an die vertheidigung von fürst und vaterland ausdrücken soll. das durchbohren der aufgethürmten hüte von studenten mit den degen auf das wolergehen der landesherren wird bezeugt in REUPSCH schilderungen 2 (1759) 137; sie (die studenten) singen einer nach dem andern landesvater, trinken wein und stecken die hüte auf den degen an die decke. der deutsche student (1779) 18;


 

seht hier den geweihten degen,

thut, wie brave bursche pflegen,

und durchbohrt den freien hut. A. NIEMANN vom j. 1781, vgl. HOFFMANN volksthüml. lieder 6....jene sitte schwächt sich zur reinen höflichkeitsbezeugung ab; in einer reihe von redensarten: vorm seiden kleid ziehet man den hut ab. LEHMANN 106; wann man ein jahr vor einem den hut abgezogen, so siehet man was hinder ihm ist und wie fromm er ist. 17; kleine dieb hänkt man, vor den groszen thut man den hut ab. 136; den hut in händen tragen, schadet nicht. 134; deswegen hielt ich vor nötig, mich wieder demüthig zu stellen, obschon ichs nicht sei, mit den gemeinen kerlen wieder unten und oben zu ligen, vor den höhern aber den hut in händen zu tragen. Simpl. 1, 304 Kurz; greife langsam nach dem beutel und oft nach dem huth. SCHUPPIUS 263; gute wort im mund und den huth in der hand, das kostet kein geld, und bringet einen ehrlichen kärl oft sehr weit. daselbst;


 

hut in der hand

hilft durchs ganze land. SIMROCK sprichw. 272;


 

heute grüszt man durch abnehmen, ziehen des hutes, in bequemerer weise nur durch rücken, lüften, lüpfen des hutes:


 

hier lupft er ein wenig den hut. WIELAND 5, 180 (neuer Amadis 18, 32);


 

von einem der lässig zu dieser höflichkeitsbezeugung ist, sagt man scherzweise, er hat sperlinge unter dem hut, kann ihn nicht abnehmen; er hat vögel unter dem hut, sein hut ist aufgeleimet. DUEZ sprichw. 60.

e) der hut wird abgelegt, wenn man in ein zimmer tritt, er wird wieder genommen, wenn man aus dem hause gehen will. daher den hut nehmen, sich bei jemand verabschieden: wie er sah dasz die romanze kein ende nehmen wollte, nahm er seinen hut, zog seinen reverenz, und entfernte sich. WIELAND 12, 92; aber auch durchgehen, ausreiszen, sich heimlich entfernen: kerl, der nunmehr den hut aufsetzen, und davon gehen will. causenmacher 39.

f) in der freude wird der hut geschwungen:


 

jetzt schwingen wir den hut.

der wein der war so gut.

HEBEL 1, 241;


 

wohl jauchzen die andern und schwingen die hüt',

viel bänder darauf und viel edle blüth'.

UHLAND ged. 211;


 

im festesjubel bekränzt:


 

mit eichenlaub den hut bekränzt!

wohlauf! und trinkt den wein!

VOSS 4, 36;


 

oder mit bändern geschmückt: der hochzeitbitter, .. dessen verlegene miene mit seinem putze und mit dem lustigen busche von gewisz fünfzig farbigen bändern am hute wenig übereinstimmte. IMMERMANN Münchh. 3, 16; so bei den zu soldaten ausgehobenen burschen: [10,1981]


 

als ich zur fahne fortgemüszt,

hat sie so herzlich mich geküsst,

mit bändern meinen hut geschmückt.

HAUFF 1, 41;


 

in kecker stimmung auf ein ohr gesetzt: als Berlichingen und Werther noch neu waren, nam jeder junge mensch, der geniedrang fühlte, oder vielmehr, zu fühlen glaubte, sich vor andern was heraus, sezte den hut auf ein ohr, zog den rock aus, schmis alle die ihm zu nahe kamen, mit kot. almanach für bellettristen 1782 s. 102;


 

frisch auf, ihr beckknecht alle,

schafft euch ein frischen mut!

laszt die trompeten schallen!

setzt nach der seit den hut!

SCHADE handwerkslieder 3 (17. jahrh.);


 

setzt den hut frei nach der seiten!

fragt wo ist das beste bier. 87 (17/18. jahrh.).

g) den hut drückt in die augen, wer sich nicht sehen lassen will oder sich schämt: wer inn seinem herzen keinen nagenden wurm hievon fu̔let und darf für menniglich den hut nit in die augen ziehen. MATHES. Sar. 156a; dem dummen wird ein breiter hut aufgesetzt, der ihn am sehen hindert, ein breit herunter hängender hut ist zeichen eines hanreien. PRUTZ Holberg s. 308. 479. 480; er wolte lieber keinen kopf als einen breiten hut tragen. E. FRANCISCI lustige schaubühne 3, 986; und damit stillete sie den guten mann, dasz er den breiten hut willig aufsetzte und fünf grade sein liesze. lyrum-larum no. 7; um einen zu hänseln, dreht man ihm den hut: wie ich in erstgedachter bursche höhnischen angesichtern lesen kondte, bedunkte mich, sie wurden sich endlich underfangen, mir den hut zu trähen, und den Kunzen mit mir zu spielen. Simpl. 3, 149 Kurz (vgl. dazu auch unter Kunz theil 5, sp. 2751); hätten sie ihm .. nasenstüber gegeben, ihm den hut gedrehet und ihn vor ihren narren gehalten.

h) der bettler hält den hut hin, um eine gabe darin aufzufangen: die pfennige, die er euch abquälte, dem ersten dem besten bettler in den hut warf. SCHILLER räuber 1, 1.

i) unterm hute, für im kopfe; unterm hute nicht richtig sein, nicht recht bei verstande: derowegen er denn für unrichtig unter dem hutte gehalten wird. BUTSCHKY kanzl. 236; dasz man mit händen greifen kann, dasz sie nicht wohl unter dem hut verwahret sind. LISCOV 242; wiewohl die irrenden ritter die solche thaten thun (jeden zwingen wollen zu bekennen ihre dame allein sei schön), in den augen kluger leute ihre entschuldigung unter dem hute tragen (d. h. durch mangelhaften verstand entschuldigt werden). WIELAND 24, 51.

k) sonstige fügungen und sprichwörtliches. von eim ding daran man gar zweifelt, und von weitem nit kennen kan, sagt mann, .. es ist ein schiff oder hůt. AGR. spr. 298a; man schlägt den hut und meint den kopf. LEHMANN 201; es ist viel verricht, wann zwei köpf sich mit einem hut behelfen. 186; viel köpfe sind schwer unter éinen hut zu bringen;


 

und wenn ihr halbweg ehrbar thut,

dann habt ihr sie all unterm hut.

GÖTHE 12, 100;


 

vom hut zum schuh, wie sonst vom kopf zum fusz:


 

die leute. w o denken, und w i e denken wir?

Diogenes. so hört doch auf zu belfen!

der denker denkt vom hut zum schuh,

und ihm geräth, in blitzes nu,

das was, das wie, das beste. 3, 115;


 

mit einem hute wird etwas verdeckt:


 

da sach er ain veiol sten.

mit freuden und mit hohen muot

decket er in mit seinm huot. fastn. sp. 418, 19;


 

in ihn werden die lose geworfen: und denn sol ain schriber ir aller namen an ain sunder brieflin schriben, und die brieflin alliu in ainen hut legen und denn sol der amman in den hut ungeverlich grifen und ain brieflin nach dem andern herusz nemen und allweg wehels nam des ersten herusz kumbt der sol auch der erst sin. statuten der stadt Isny (ende des 14. jahrh.) im anz. - für kunde deutscher vorzeit 1859, 92. ein böser scherz liegt in der folgenden redensart: wenn aber dazwischen die hrn. kommissarien dem rath und den ältesten hatten zuentbieten lassen, und zu gemüte geführet, sie sollten sehen, womit sie umgingen, und es also machen, dasz sie auch hüte aufsetzen könnten (d. h. nicht geköpft würden), waren sie was kleinmütiger, als zuvor, worden. SCHWEINICHEN 2, 117; vgl. dazu auch unter hütlein.

2) hut, der träger des hutes, der mann, wie franz. chapeau (LITTRÉ 1, 555c), und vielleicht daher erst entlehnt: denken denn die herren hüte, dasz die damen nicht auch wein trinken wollen? LESSING 2, 545;


 

aus diesem unbewiesnen grunde hat alle zeit und iedes land

witz, vorrecht, herrschaft, ruhm und freiheit allein dem hute zuerkannt. GÜNTHER bei STEINBACH 1, 798;


 

sind alle personen vom stück

auf éinmahl in éinem sahl an éiner tafel beisammen, ...

fünf schöne prinzessen, die alle aus Bambos lenden stammen,

und (mit dem neger) ein hut auf jeden unterrock. WIELAND 5, 157 (n. Amad. 17, 41).


 


 


 


 

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