W E I S T Ü M E R
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W E I S T Ü M E R

Die Feier die dann aber nicht stattfand

 

Das Selbstbild junger Menschen füllt den bescheidenen Horizont aus mit dem solche Wesen ausgestattet sind. Deshalb hat dieses Bild etwas riesenhaftes. Nun, auch ich war jung, und gehörte einer kleinen Schar munterer junger Männer an (vielleicht handelte es sich sogar um eine Clique). Wir waren progressiv (etwa wie progressive Paralyse) und derart erleuchtet daß das Licht uns rektal floh (einem blendenden Prolaps gleich).

Es geschah daß wir eines Tages beim ziellosen Übers-Land-Fahren einen stattlichen jungen Mann am Straßenrand stehen sahen, der – so stellte es sich für uns dar - mittels Autostop unterwegs war. Unser ethnologisches Interesse erwachte, wirkte er doch erdverbunden, einer Welt zugehörig die uns fremd war. Wir hielten an und ließen den Fremdling einsteigen.

Es stellte sich heraus, daß die Fremdheit auf Gegenseitigkeit beruhte.

Er nannte sich Rosskotten, war groß, stämmig und der eine oder andere seiner Vorfahren hatte sicherlich einmal über das Mittelmeer gesetzt. Seinen Kopf krönte eine Papuabombe, eine damals nicht unübliche Frisur.

Ja, wir wechselten einige Worte, versuchten uns zu erklären, dann kam schon schnell eine Einladung. Rosskotten lebte nämlich allein im Frankenwald, weil er vorher im Heim gewohnt hatte und man anscheinend nach Erreichen eines gewissen Alters von den örtlichen Behörden ins Hinterland abgeschoben wurde um dort in merkwürdigen Unterkünften untergebracht zu werden. Was die Behörden damit bezweckten war nicht zu ermitteln.

Während wir uns dieser Unterkunft näherten begann er, wobei er im Rhythmus der Worte mit der geballten Faust der Rechten (Knöchel voraus) in die Handfläche der Linken schlug (was leises Klatschen zur Folge hatte), zu reden, laut und munter, und redete sich in Trance, in eine Art Schleife:

 

"Machen Party im Bungalow, machen Party im Bungalow ... machen Party im Bungalow..."


Dann stieg er aus und anscheinend waren wir zu dieser Party (Termin, Ort [der Bungalow?] und Umstände unbekannt) eingeladen). Verblüfft setzten wir unseren ziellosen Weg fort. Hatten nicht gewagt nachzufragen, vielleicht hatten wir das uneingestandene kollektive Gefühl entkommen zu sein.

Später – wenige Wochen nach diesem Treffen haben wir erfahren daß er einem Umfall zum Opfer gefallen ist: der Wagen in welchem er als Mitfahrer sich befand rollte einen Abhang hinunter, sein Kopf durchschlug das Seitenfenster und wurde vom dem weiterrollenden Wagen zerquetscht.

In der Zeit zwischen dem Treffen und der abschließenden Information hatten wir oft lebthaft über die Party im Bungalow gesprochen und waren dabei äußerst vergnügt. In der Rückschau stellte sich nun uns die Frage ob wir mit dem Vergnügen falsch gehandelt hatten, weil Rosskotten doch schon tot war.

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