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Der Wanderfuchs



Wanderführer ist Uwe H. (Journalist, 49). Er lebt seit 20 Jahren in Portugal. Er ist Gründer der mehr­sprachigen Wochenzeitung www.algarve123.com

Der Frühling naht. Wandern in Portugal ist bis heute leider immer noch keine bekannte Größe. Das soll sich nun ändern. Der Wanderfuchs informiert Sie vierteljährlich über Zu Fuß gehen im Südwesten Europas…

Heute möchte ich Sie über Meine Via-Algarviana informieren. Er ist ein Langstrecken-Wanderweg, der bereits im Mittelalter von Pilgern benutzt wurde, um an das Südwestkap Europas zu kommen. Christliche Pilger gingen damals diesen Weg, um die Gebeine des Heiligen Vinzenz zu sehen, dessen menschliche Überreste von Valencia per Schiff kommend, dort gestrandet sein sollen. Was Wirklichkeit und was Mythos ist, lässt sich heute nicht mehr zweifelsfrei klären. Auch unter der maurischen Herrschaft, die zwischen dem 7. und 12. Jahrhundert den südlichen Teil der iberischen Halbinsel erblühen ließ, wurde der Weg genutzt, damals im spanischen Extremadura, in der Grenzprovinz zu Portugal, beginnend. Bekanntlich brachten die Mauren dem Land seinen wirtschaftlichen und kulturellen Reichtum, bevor sie durch die christliche "Reconquista" (um 1230 von König Alfonso IX) ermordet oder vertrieben wurden.

Die Algarve Portugals, das ist ein etwa 200 km langer und 50 km breiter Landstrich, auf dem neben rund 400.000 Portugiesen auch permanent 60.000 ausländische Residenten aus mindestens 89 Ländern leben und arbeiten, multikulturell. Meine Via-Algarviana führt - Teerstraßen vermeidend (die im offiziellen Teil rund 15% ausmachen) - über exakt 323,4 km Länge einmal diagonal durch das Land. Sie beginnt in Alcoutim und endet am Südwestkap – wie die Ironie es will: an einer deutschen Bratwurstbude und vor einem portugiesischen Bifana-Stand. Nun ja.

Als in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erstmals englische und deutsche Algarve-Residenten an ihren Mittwochswanderungen den historischen Weg in seinen Abschnitten erwanderten, gehörte ich mit dazu. Ihn überhaupt wiederzufinden, stellte eine große Herausforderung dar. Denn 90 Prozent des portugiesischen Waldes gehört einheimischen Privatbesitzern, die oft ungern Wanderer über ihre Grundstücke laufen lassen, selbst wenn sie ungenutzt sind und verwildern. Da die EU ihre Subventionen nur an große Agro-Industriebetriebe verteilt, verkommt die traditionelle Land- und Forstwirtschaft Portugals. Die ersten Markierungen dieses Weges aber, eine gemalte Zistrose auf Steinen und an Korkeichen, sind heute noch sehr oft anzutreffen.

Der Titel "Via Algarviana" gehört nun seit ein paar Jahren einem Verein, der sich Almargem nennt und seinen Sitz in Loulé hat. Dieser gemeinnützige Verein, dem ich als kritisches Mitglied angehöre, hat sich zum Ziel gesetzt, das kulturelle Erbe der Region zu wahren und sich um den Naturschutz zu kümmern. Genauso wie Coca Cola oder McDonalds aber hat Almargem vor einiger Zeit die Via Algarviana als sein Markenzeichen eintragen lassen. Trotz einer Subvention in Höhe von 370.000 Euro, die der Verein 2009 von der EU und mehreren Landkreisen der Algarve erhielt, befindet sich eine korrekte Ausschilderung des Wanderweges immer noch in den "Kinderschuhen". Almargem ließ 124 Holzschilder als Wegweiser anbringen, von denen seitdem mehr als 20 entweder wieder entwendet oder zerbrochen worden sind. Holzschilder in Gebieten aufzustellen, in denen regelmäßig Waldbrände wüten, entbehrt allerdings jeglicher Logik. Es zeigt auf, in welcher Form mit öffentlichen Steuergeldern umgegangen wird. Hätte Almargem mit eigenem Geld diese Ausschilderung vornehmen müssen, wäre dies vermutlich anders gelaufen, oder womöglich gar nicht.

Seit einiger Zeit arbeite ich an einem Buch und an einem Film zum Thema Via Algarvina. Zwangsläufig betrachtet man dabei auch die finanziellen Aspekte eines solchen Projektes. So erfuhr ich, dass diese Schilder aus Holz gegenüber Markierungen aus gemeißeltem Granat drei Mal so teuer waren. Jedes dieser 124 Holzschilder habe mehr als € 300 gekostet. Warum so teuer und warum aus Holz? Und wenn schon aus Holz, warum werden die gestohlenen, zerbrochenen Markierungen nicht wieder ersetzt? Diese Fragen können nur die Koordinatoren von Almargem beantworten. Also besuchte ich sie zweimal in ihrem Büro und bat sie – in der Zwischenzeit auch schriftlich - um Antworten auf meine Fragen. Mir wurde folgende Geschichte erzählt: Eine Firma namens "Habipro", die jene Wegemarkierungen hergestellt und angebracht habe, sei nun insolvent. Neue Schilder könnten also von daher nicht sofort angefertigt werden. Und mir wurde auch gesagt, dass zurzeit auch gar keine Gelder vorhanden seien, um die fehlenden Wegemarkierungen zu ersetzen. Man warte auf eine zweite Förderung seitens der EU. Diese sei im Dezember 2010 von der regionalen EU-Behörde, der CCDR in Faro, dieses Mal in Höhe von 1.4 Million Euro bereits genehmigt worden. Man warte also…

…auf das weitere Schilder finanziert werden können. Auf meine Frage, wie die 370.000 Euro-Subvention im Details ausgegeben wurden, wollte mir weder Almargem noch die CCDR in Faro eine Auskunft erteilen. Als Journalist frage mich natürlich nachhaltig, ob ein Naturschutzverein es nötig hat, öffentliche Gelder ohne die nötige Transparenz abzurechnen? Wäre es nicht im Interesse der Allgemeinheit zu erfahren, wie effizient und seriös mit Steuergeldern, die zu einem überweigenden Teil nicht aus Portugal stammen, umgegangen wird?

Gibt es schriftliche Informationen und gutes Kartenmaterial zum Wanderweg Via Algarviana? Diese Frage kommt immer wieder. Ja, es existiert ein Almargem-Handbuch zur Via Algarviana, allerdings mit lückenhaften Informationen und ungenauem Kartenmaterial. Almargem meint dazu, daß die im Jahr 2009 gedruckte Auflage von 4.000 Exemplaren restlos vergriffen sei. Eine neue, fehlerfreie, umfassendere Edition könne man aber nicht vor Ende 2012 erstellen, eben mit frischem Geld. Wer an mehr Informationen zur Via Algarviana interessiert ist, dem empfehle ich auch die Website von Almargem, trotz Übersetzungsfehlern und Unzulänglichkeiten: www.viaalgarviana.org

Allen interessierten Wanderern möchte ich auf diesem Wege allerdings auch mitteilen, dass mein Buch "Wo kommst du denn her?" mit detailliertem Kartenmaterial noch vor Ende dieses Jahres im Buchhandel – aber auch über diese Webseite - erhältlich sein wird.

 

Die Via Algarviana beginnt an der spanisch-portugiesischen Grenze und ist die spannendste Wanderroute im Süden Europas. Am Grenzfluss zwischen Andalusien und Algarve, dem Guadiana, liegt Alcoutim, ein kleines, völlig verschlafenes Nest, auf der portugiesischen Seite. Man kann da recht gut essen, sich ausruhen und dem Wasser hinterhergucken, wie es irgendwo, 50 km weiter südlich, dann in den Atlantik fließt. In Alcoutim beginnt die Via Algarviana.

Von dort windet und schlängelt sie sich per Trampelpfad über Hügel und durch Täler, durch Flüsse und über Berge. Die Küste mit irgendwelchem Tourismusgedöns liegt fern im Süden. Also, wir gehen dann mal los: jeden Tag rund 25 km. Wir kommen durch kleine Dörfer, wo die traditionelle Landwirtschaft noch etwas zählt. Wenn Sie dann Ihre Beine fühlen und sich sagen, „HILFE, ich kann nicht mehr“ ist's nicht mehr so weit bis zur nächsten Herberge. Jeden Tag geht's ein bisschen weiter. Insgesamt sind es circa 340 Kilometer. Sie merken, diese Tour ist nix für „weiche Eier“. Sie sollten schon mal irgendwie zu Fuß unterwegs gewesen sein und die richtigen Wanderschuhe anhaben, besonders wenn's hoch ins Gebirge geht. Die Ankunft am Ende der Welt, dem Südwestkap Europas, gelingt uns dann 13 bis 14 Tage später. Dort rauschen die Wellen des Atlantiks in die Felsen. Hier ist das Ende der Welt und das Ende der Via Algarviana. Am Meer. Am Strand. Wollen Sie noch mehr wissen? Dann lesen Sie einfach weiter.

ALGARVE? WANDERN. GO WEST!

In Portugal dauert alles immer etwas länger. Das ist wie mit Dornröschen. Manchmal ist das gut so. Denn dann bleibt Natur erhalten. Diese Fernwanderung ist nach zwölfjähriger Planung heute fast immer ausgeschildert, auch wenn manchmal noch ein paar Wanderer verloren gehen. Denn in Portugal wird Portugiesisch gesprochen, kein Deutsch. Es kann aber sein, daß mal wieder irgendwelche Jäger irgendwelche Schilder geklaut oder sie aus Jux umgestellt, oder die Steine mit den Zeichen anderseherum gelegt haben. Neulich gingen zwei Amis aus Texas die Via Algarviana, und sie fanden das gar nicht spaßig, daß sie zwei Tage im Kreis herumliefen. Sie sind dann mit dem Linienbus weitergefahren. Sehr zum Ärger aller. Denn der Jäger ist der natürliche Feind des Wanderers in Portugal. Gott sei Dank dürfen die Jäger nicht im Frühjahr (Januar bis Juni) ballern, dann ist Brutzeit, und Jagen gesetzlich verboten. Oft ist es deshalb von Vorteil, mit einem Wanderführer die Via Algarviana zu gehen. Er kennt nicht nur die Strecke genau, sondern beherrscht auch noch die Sprache. Ich lebe seit 20 Jahren in Portugal, bin von Beruf Journalist und Wanderführer - und kann Ihnen viele wahre und unwahre Geschichten erzählen...

Zum Wandern gehört auch manchmal die Logistik. Heute verhungern Wanderer nicht mehr in Portugal, so wie früher, wenn man alle paar Kilometer auf verhungerte Menschen am Wegesrand stieß. Die Via Algarviana wurde bereits im 4. Jahrhundert als Pilgerstrecke gegangen, zu den Gebeinen des Heiligen Vincent, an das Südwestkap. Portugal ist aber seit 1986 Mitglied der EU und wurde in der Zwischenzeit recht gut gefüttert. Die Frage, „Wo essen, wo schlafen“ stellt sich also nicht mehr. Man fragt besser, WIE essen und WIE schlafen? Diese Fragen können nun auch zur Zufriedenheit der meisten beantwortet werden. Sie müssen nicht mehr unter freiem Himmel schlafen, brauchen kein Zelt und keinen Schlafsack mehr mitschleppen, wenn Sie nicht möchten. Es gibt Einzel- und auch Doppelzimmer in privaten Gästehäusern mit richtig guten Matratzen. Zu essen gibt es nicht nur genug, sondern auch landestypisch, was heißt, daß ich mit Ihnen die einheimische Küche testen werde. Und es gibt fast jeden Morgen richtig frisches Bauernbrot mit Käse und Chouriço. Natürlich gehen wir während auf der Via Algarviana auch von einem Gasthaus zum anderen. Doch einmal während der Tour werde ich sogar für Sie kochen.

Die Via Algarviana ist fabelhaft im Frühling zu gehen! Nach der Mandel- Orangen- und Mimosenblüte, und nach den ergiebigen Winterregenfällen, taucht die Frühlingssonne die Landschaft in ein Meer von Zistrosen, würzen aromatische Wildkräuter die Luft, wehen milde Winde. Wir werden Adler zu sehen bekommen, Otter, Füchse, Marder und viele andere schöne Tiere. Wir wandern durch Korkeichenwälder, unter machen Rast unter Schirmpinien. Wenn Sie möchten, können Sie sogar einen Baum selbst pflanzen und sich im Wiederaufforstungsprojekt verewigen. Zu Ostern gibt die Via Algarviana die richtige Stimmung und wird Ihnen noch lange in guter Erinnerung bleiben. Ein wichtiger Hinweis: Sie sollten die Via Algarviana auf keinen Fall im Sommer gehen. Da verbrennt Ihnen die Sonne den Kopf. Es ist nicht nur zu heiß, nein, es ist zu trocken, es ist zu staubig und es besteht immer irgendwo die Gefahr eines Waldbrandes. Auch deshalb, nehmen Sie sich am besten einen Freund mit auf den Weg, oder eben einen Wanderführer.

Und noch einmal: die Via Algarviana ist nichts für großstadtgeübte Spaziergänger auf dem Weg ins nächste Café. Sie benötigen einen guten Rucksack, dieser sollte auf keinen Fall mehr als 8-10 kg wiegen. Und es ist immer von Vorteil, neben Wasser, auch Studentenfutter in der Tasche zu haben. Lesen Sie bitte deswegen auch, was Sie sonst auf jeden Fall noch mitnehmen sollten. Viel Spaß…

 

Leseratten "Leseratten"
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Rezension bezieht sich auf: Wahnsinn (7440 901). Meine Reise durch die Psychiatrie der Republik.

Der Autor Uwe Heitkamp hat sich mit einem vorgetäuschten Suizidversuch in einem "Selbstversuch" in die Psychiatrie einweisen lassen. Er schildert diese Reise in ein unbekanntes, unheimliches Land, in das er sich durch eine Zwangseinweisung zutritt verschaffte. In verschiedenen Anstalten teilt er das Leben der Patienten, erfährt vieles über Medikamente und Behandlungsmethoden - auch an sich selbst. Als "Insider" beschreibt er nun das Wirken der Ärzte, des Personals und der Verwaltung, diese "...werden wütend sein über den unsauberen Journalismus". Er führt genau Protokoll über den alltäglichen Wahnsinn der Psychiatrie, der den Menschen zerstört.
Ein spannendes authentisches Buch, das man nicht wieder aus der Hand legen mag. Man wünscht sich mehr solche Bücher - und dass sie mehr als einen Aufschrei bewirken, sondern wirklich etwas verändern.

Eine anderer Kritiker:

Uwe Heitkamp schildert die Reise in ein unheimliches Land. Um es kennenzulernen, hat er sich durch selbst veranlaßte Zwangseinweisungen Zutritt verschafft. In verschiedenen An stalten teilte er für mehrere Wochen das Leben der Patienten, er beobachtete den Umgang der Ärzte, Pfleger und Richter mit ihnen. Und er führt ein genaues Protokoll über den alltäglichen Wahnsinn der Psychiatrie, der die Menschen eher zerstört als ihnen hilft.

 

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